Morsbach, Justizpalast
Petra Morsbach bewegt sich in ihrem Roman gekonnt zwischen Verbrechen, Strafe und Gesetz und erzählt darin eindrucksvoll nicht nur die Geschichte einer Richterin sondern legt auch die Geschichte unseres Rechtswesens offen – mitsamt der sich daraus ergebenden Unmöglichkeit, Gerechtigkeit herzustellen. Als sie kürzlich mit dem renommierten Wilhelm-Raabe-Preis ausgezeichnet wurde erzählte sie in einem Interview im Deutschlandfunk über ihr Motiv, sich mit dem Justizwesen zu befassen, dass es sie interessiere, wie Gerechtigkeit organisiert wird. "Ich wollte wissen, wie so etwas funktioniert. Als ich mich dann hineinbegab in das Fach, merkte ich, wie schwer das ist, dass es da eine ganz eigene Sprache gibt, in die man sich hineindenken muss." Einfach war diese Recherche nicht. Gut zehn Jahre habe es gedauert, die Sprache der Justiz überhaupt zu verstehen. Dafür hat Morsbach viele Gerichtsverhandlungen besucht, hat sich mit Richtern unterhalten und - wie sie sich ausdrückt - die "Sachliteratur für Anfänger" studiert. Dabei erlebte sie den Justizpalast als eine ganz eigene Welt für sich, mit seinen eigenen Ritualen, einer eigenen Atmosphäre und auch Mentalität. Sie erkannte, dass ein Richter dabei oft einen unendlichen Dramenstrom über sich ergehen lassen müssen, denn dort im Gerichtssaal hätte man die gesamte Gesellschaft zu Gast. Nicht alles läuft dabei rund, aber Morsbach hat durch ihre Recherche auch Verständnis für die Situation der Richter, die sich mit zahlreichen Konflikten auseinandersetzen müssten. Fast kein Fall gleicht dem anderen und wenn man Hunderte von Fällen auf dem Tisch hat, muss man sich zwangsläufig mit den Einzelheiten beschäftigen und könne nicht nach Muster abkürzen. Oft führe dies zur Überlastung der Richter und zum Konflikt geraten mit dem eigenen Rechtsverständnis. "Ich denke, Gerechtigkeit ist schon im Einzelfall sehr schwer herzustellen und insgesamt ist sie überhaupt nicht herzustellen." |
Ihre Heldin im Buch ist Grenzgängerin. Als Schauspielertochter ist ihr Interesse für das Rechtswesen durch ihren Großvater gelegt, der einst Strafrichter war, während ihre Eltern Bohèmeiens waren, die in ihrer zerrütteten Ehe ihr Kind kaum mit der nötigen Rücksichtnahme bedachten. Und als die Mutter todkrank wurde war ihr Vater schon wieder mit neuen Frauen und Familien beschäftigt. |
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(c) Magazin Frankfurt, 2020