Berry, Wahre Römer

Ab wann ist man eigentlich im alten Rom ein Römer? Ein Gallier in Ägypten, ein Scheich in Toga, ein armenischer 007. Es gab einige Bewohner des Römischen Reiches, denen es gelang. das römische Bürgerrecht, mithin die römische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Sie galten fortan als Römer. Aus Kurzporträts von Menschen der verschiedenen Epochen und Regionen der einstigen Weltmacht fügt sich das Bild des wahren Römers zusammen. Angesichts verschiedener Sprachen und unterschiedlicher Kulturen bewegten Themen wie Integration, Identität, Toleranz schon vor 2000 Jahren die Gemüter im multiethnischen Imperium Romanum. Welche Antworten die Römer auf diese Herausforderungen fanden und wie das Zusammenleben der verschiedenen Völker im Römischen Reich funktionierte, schildet Stephan Berry an 20 spannenden Kurzporträts über eine Zeitspanne vom Aufstieg des Stadtstaats bis hin zur Weltmacht und zur Krise der Spätantike.

Diese Zwanzig führen dem Leser den ganzen Reigen verschiedener Lebenswelten in sozialer, kultureller, ethnischer und religiöser Hinsicht vor Augen. Dabei stehen nicht Kaiser oder berühmte Feldherren im Fokus, sondern Personen aus den verschiedenen Teilen der römischen Welt und den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Zusammenhängen Etrusker, Spanier, Griechen und Gallier - Zivile und militärische Karrieren verpflanzten Menschen von einer Ecke des Imperiums in die andere, aber auch private Reisen sorgten dafür, dass man in der Welt herumkam. Ein Großraum wirtschaftlicher und kultureller Verknüpfungen, ein Schmelztiegel der Religionen brachte manch kuriose Gestalt hervor, wie wir sie nicht aus der Schule kennen und die in diesem Buch gemeinsam auftreten. Bühne frei für humorvolle Unterhaltung ist gesorgt! Angefangen hat bei Stephan Berry alles mit einem weißen Kittel und bunten Flüssigkeiten, genau so, wie man sich die Tätigkeit eines Chemikers vorstellt.

Doch längst hat er das Labor gegen den Schreibtisch des Wissenschaftsautors eingetauscht. Seine Themen haben zum Teil direkt mit seinem früheren Leben zu tun, zum Teil aber auch nicht: Die molekularen Abläufe in lebenden Zellen, die Entstehung des Lebens und seine weitere Evolution, dazu Fragen zur Menschheitsgeschichte, aber auch speziellere Themen zu Geschichte und Archäologie der Antike. Auf den ersten Blick vielleicht ein wirres Sammelsurium, doch dieser Eindruck täuscht, denn es gibt einen roten Faden: Immer geht es um Prozesse, im Inneren der Zelle, in der Biosphäre, oder in menschlichen Zivilisationen. Wie können wir solche Prozesse beschreiben? Und wie können wir jene nicht mehr beobachtbaren Abläufe rekonstruieren, die sich in der Vergangenheit abgespielt haben? Das erklärt auch, wie jemand sich für Moleküle, Dinosaurier und das Imperium Romanum gleichzeitig interessieren kann ...

(c) Magazin Frankfurt, 2024