Tamin, Nachmittage mit Mördern

Sybille Tamin gewährt in ihrem am 21. Januar 2016 erscheinenden Buch einen schockierenden Blick in die Abgründe der menschlichen Seele. Wie gehen Mörder mit ihrer zurückliegenden Tat um? Wie leben sie mit dem nicht wieder Gutzumachenden? Wie beurteilen sie selbst ihre Tat? Ein Jahr lang trifft sich die preisgekrönte Journalistin regelmäßig mit einsitzenden oder bereits entlassenen Mördern. Im Mittelpunkt der Gespräche steht aber nicht die genaue Rekonstruktion der Tat, sondern vielmehr das Bild, das die Täter von sich selbst entwerfen. Dafür setzte sich die Journalistin den Mördern in den Gesprächsräumen der JVAs gegenüber. Auge in Auge. Allein. Stundelang. Und in dieser scheinbaren Intimität offenbaren sich dunkle Abgründe und menschliche Tragödien.

"Messerblöcke sind mir unangenehm. So was mag ich nicht. Ich mag’s nicht sehen. Und ich weise die Leute darauf hin, dass man bei einem Konflikt schnell in den Messerblock rein greifen kann und in einer Art Kurzschlussreaktion das Messer dann benutzt." Es brach aus ihm heraus, nichts konnte er mehr zurückhalten. Die, die ihm jetzt zuhörte, sollte alles wissen. Sie sollte es genau wissen. Sie würde ihm zuhören müssen und nicht eher gehen können, bis alles erzählt war. Die in dem Band enthaltenen zehn Täterbiografien sind so spannend wie erschütternd. Wer Interesse an der Materie hat, möchten wir auch den als DVD erschinenen Dokumentarfilm "Beyond Punishment" empfehlen, der Täter und Opferfamilien gegenüberstellt.

(c) Magazin Frankfurt, 2024