Lydia Fitzsimons hat ein schönes Leben: sie wohnt in einem vornehmen Haus in Dublin, ist mit einem angesehenen Richter verheiratet, der sie anbetet und hat einen Sohn, den sie abgöttisch liebt. Wären da nicht die finanziellen Sorgen, von denen niemand wissen darf, und wäre da nicht dieser eine brennende Wunsch, den ihr Mann Andrew ihr um jeden Preis erfüllen soll. Dass deshalb eine junge Frau ermordet wird, und der Richter und seine Gattin in ihrem exquisiten Vorstadtgarten ein Grab schaufeln müssen, gehört allerdings nicht zum Plan. Andrew zerbricht an der Tat, doch Lydia ist fest entschlossen, ihre Geheimnisse zu wahren und ihren unschuldigen Sohn Laurence zu schützen. Doch der ist nicht so naiv, wie Lydia meint. Verhängnisvoll, dass er die Wahrheit ahnt und sich ein bisschen zu sehr für die Familie der Toten interessiert …
Ein außergewöhnlicher, packender und abgründiger Psychothriller, der 55-jährigen Liz Nugent aus Dublin. Sie lässt den Leser nicht lange zappeln und präsentiert bereits auf den ersten Seiten den Mord an Annie Doyle, so heißt die junge Frau. Auch über die Täter erfährt man schnell mehr als im nebulös formulierten ersten Absatz dieser Besprechung: Ja, es ist der Richter und seine Frau, die Annie erwürgen und erschlagen. Über das Motiv erfährt man etwas weniger, aber es war wohl die Sucht der jungen Frau nach Heroin, die sie zu einem Diebstahl verleitet hat. Dumm, dass der Richter und seine Frau sich in finanziellen Nöten befinden. Im Lauf des Buchs erfährt man mehr aber Lydia und Andrew Fitzsimons. Ein seltsames Paar, das mit seinem Sohn Laurence südlich von Dublin wohnt. Die herrische Lydia zeigt wenig Empathie und so verwöhnt wie sie selbst, hätschelt sie auch ihren übergewichtigen und vergötterten Sohn Laurence. |
Ihren Mann hat sie auf Wunsch ihres Vaters geheiratet, bei dem er sein Referendariat absolvierte und der es mit den familiären Kontakten trotz seiner konfliktscheuen und unterwürfigen Art zum Richter brachte. Liz Nugent schrieb hier einen sehr packenden Plot, der immer wieder für ein paar spannende Überraschungen gut ist. Frisch und lebendig erzählt, zieht sie den Leser in die Geschichte. Mit viel Liebe zum Detail erzählt sie die Psychologie des Paars und ihrer Tat und der Leser wird förmlich in den Sog der Geschichte hineingezogen, die glaubwürdig erzählt wird.
Nugent hat für irische Radio- und Fernsehsender und fürs Theater geschrieben und begann erst vor knapp 10 Jahren mit dem Bücherschreiben. Schon ihr 2014 erschienener Erstling "Die Sünden meiner Väter" wurde ein Riesenerfolg und gewann bei den Irish Book Awards die Auszeichnung als Crime Novel of the Year. Auch ihre weiteren Bücher, die ab 2021 mit "Kleine Grausamkeiten" bei Steidl erschienen gewannen etliche Preise und landeten auf den irischen Bestsellerlisten. Ihre Romane erscheinen in fünfzehn Sprachen. Übersetzt hat das Buch Kathrin Razum, die Amerikanistik und Geschichte studierte und seit 1992 hauptberuflich als Literaturübersetzerin arbeitet. Sie übersetzt unter anderem Susan Sontag, Edna O’Brien, V. S. Naipaul, Rebecca Solnit und Laird Hunt und lebt bei Heidelberg.
Liz Nugent, Auf der Lauer liegen, Steidl, Hardcover, 351 Seiten, ISBN 978-3969991084, 28 Euro |