Friedrichs, Crazy Rich

Wenn man sich einige Sendungen aus der Welt der Schönen und Reichen anschaut, gewinnt man den Eindruck, dass man sich dort genausowenig für aktuelle Preise interessiert, wie unsere Bundesregierung. Man betrachtet sich als eine Art Elite, die außerhalb der klassischen Welt und ihrer Probleme lebt. Eine Luxusblase - fast wie Kaviar. Wenn Sie etwas mehr über diese Menschen erfahren wollne, möchten wir Ihnen das Buch "Crazy Rich" von Julia Friedrichs empfeheln.

Wir leben in einem Land, in dem vor allem die Ungleichheit der Vermögen sehr groß ist - auch im internationalen Vergleich. Das oberste Prozent der Bevölkerung hat rund ein Drittel des Vermögens. Deutlicher ist die Ungleichheit noch bei Betriebsvermögen: Da liegen, Schätzungen der Uni Duisburg zufolge, 86 Prozent bei den reichsten 1,5 Prozent. Das heißt: Vermögen ballt sich in Deutschland bei einer kleinen Gruppe von Menschen. Rund viertausend Haushalte, das sind die hinter den Milliardärsvermögen, besitzen geschätzte 1,4 Billionen Euro, rund drei Mal so viel wie der gesamte Bundeshaushalt.

Der Autorin ist es gelungen, was es so bisher noch nicht gegeben hat: Sie bat Superreiche zum Gespräch, und diese erlauben ihr umfassende Einblicke in ihre Welt. Im Gespräch mit Wissenschaftlern und Experten fördert Friedrichs exklusive neue Daten über die vermögendsten Familien des Landes zutage und fragt sich: Welches Ausmaß an Ungleichheit verträgt eine Gemeinschaft, verträgt die Demokratie, in der zumindest theoretisch jede Stimme gleich viel wert sein soll? Wie viel dürfen Einzelne für sich beanspruchen in einer Welt, in der die Ressourcen endlich sind? Müssen wir dem Reichtum Grenzen setzen?

Ich erinnere mich noch an ein Fernsehinterview von Klaus-Michael Kühne vor zwei Jahren, der ebenfalls Teil der Superreichen-Community ist. Für den lief das Geschäft damals richtig gut, da der Endachtziger sich über das beste Ergebnis freuen durfte, das seine „Kühne + Nagel“-Gruppe jemals in den ersten neun Monaten eines Jahres hingelegt hatte. Auch seine Beteiligung an Hapag-Lloyd ließ Kühnes Kasse kräftig klingeln, denn auf seine 30 Prozent Anteile kassierte er 2021 knapp 1,9 Milliarden Euro Dividende. Diese Milliarden flossen auch aufgrund einer Sonderregelung auf sein Konto, da Hapag-Lloyd auf seinen Gewinn nur 0,65 Prozent Tonnagesteuer zahlen musste, deutlich weniger als der mickrigste Steuerzahler, den man sonst in Deutschland finden kann.

Sogar Kühne musste in der Doku "Die Macht der Superreichen" zugeben: „Es ist wesentlich zu viel“. Ich war selbst überrascht, als ich dahinter kam, wie diese Tonnagesteuer abgerechnet wird. Da es das in allen anderen Branchen nicht gibt, fand ich das komisch – das sage ich ehrlich“, sagte Kühne.
Doch zuerst einmal stellt sich uns die Frage: Wer ist superreich? Friedrich und andere definieren damit Menschen, die über viele Millionen Euro verfügen. Das sind nicht allzu viele, aber auch nicht sehr wenige. Rund 3.300 Personen fallen in Deutschland unter diese Kategorie. Brisant ist, dass diese doch relativ kleine Gruppe fast so viel Finanzvermögen besitzt wie die restlichen 77 Prozent der Bevölkerung, immerhin 63,9 Millionen Menschen! Auch wenn die Zahl der Menschen, die durch die augenblicklichen Preissteigerungen nicht nur bei uns an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommen, nicht nur in Deutscgland steigt, braucht das die Superreichen nicht zu wurmen. Ihre Zahl nimmt weltweit zu. Dabei könnte man mit dem Geld, das es braucht, um ihre Superjachten auch nur ein Jahr instand zu halten, mittlerweile die Schulden aller Entwicklungsländer tilgen - auf einen Schlag. Ihre Recherche-Reise führt die Autorin zu Luxusjachten, in Family-Offices und Steueroasen. Eine eindringliche Reportage über die Frage, wie wir als Gesellschaft zusammenleben wollen und ein vielschichtiger Blick auf jene, die sonst schweigen.

Doch wer außer den Kühnes, Quandts, Albrechts und Schwarz, um einiger der bekannteren Namen zu nennen hört zu diesen Superreichen. „Wenn man das so genau wüsste. Was fehlt, ist so etwas wie eine Soziologie der Superreichen. Großer Reichtum ist in Deutschland extrem schlecht erforscht. Auch bei Studien, auf denen „Reichtumsforschung“ draufsteht, geht es, wenn man genau hinschaut, oft eher um den millionaire next door, Menschen, die ein, zwei Millionen haben. Das sind keine Superreichen! sagt Julia Friedrichs. "Es gibt inzwischen, zum Glück, Projekte, die das ändern wollen: am Max-Planck-Institut in Köln oder auch ein Forschungsprojekt der Volkswagenstiftung. Aber vieles steht noch am Anfang. Ein paar grundsätzliche Aussagen über Superreiche lassen sich natürlich treffen: Superreiche sind in der Mehrheit männlich. Sie sind fast immer Westdeutsche. Und nicht selten haben sie ihr Geld, zumindest in Teilen, geerbt."

Julia Friedrichs, Crazy Rich - Die geheime Welt der Superreichen, Berlin Verlag, Hardcover, 384 Seiten, ISBN 978-3827015129, 24 Euro

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