Zander, Ein ehrliches Leben

Zander, Ein ehrliches Leben

(c) Rowohlt

Schon mit seinem Debütroman "Der Schwimmer" begeisterte der 49-jährige Joakim Zander die Leser nicht nur in seiner schwedischen Heimat. Geboren in Stockholm, wuchs er in etwas weiter südlich an der schwedischen Küste auf und lebte später in Syrien, Israel und den USA. Der promovierte Jurist studierte in Uppsala und Maastricht und arbeitete später für das Europäische Parlament und die Europäische Kommission in Brüssel und Helsinki. Mit "Der Schwimmer" machte er den Auftakt seiner Klara-Walldéen-Reihe. Der Polit-Thriller spielt auch in den Fluren der Macht in Brüssel, auf denen sich Zander selbst gut auskennt. In 30 Ländern wurde er zum internationalen Bestseller, dessen Verfilmung bereits geplant ist. Nach den Folgebänden "Der Bruder" und "Der Freund" beschreitet Zander mit seinem literarischen Spannungsroman "Ein ehrliches Leben" neue Wege. Netflix hat sich schon die Rechte gesichert und arbeitet an der Verfilmung. Der Autor lebt in Lund.

In seinem neuen Buch dreht sich alles um die Frage "Willst du ein ehrliches Leben führen oder spielst du weiter das falsche Spiel der Gesellschaft?". SAuch hier dürfte Zander seine Erfahrungen in Brüssel wertvolle Anregungen gegeben haben. Protagonist Simon möchte alles hinter sich lassen: Die Fesseln der Kleinstadt, in der er aufwuchs, seine Mittelschicht-Herkunft, für die er sich schämt. Doch als er sich an der juristischen Fakultät in Lund einschreibt, führen ihm seine reichen Kommilitonen deutlich vor Augen, dass nicht für alle die gleichen Regeln gelten. Simons Sehnsucht nach intellektueller Verbundenheit, Authentizität, einem anderen Leben scheint sich erst zu erfüllen, als er auf einer Anti-Nazi-Demonstration in Malmö eine junge Frau kennenlernt. Sie macht ihn mit ihren exzentrischen Freunden bekannt. Das Leben der Gruppe basiert auf radikalen und aufregenden Idealen, aber auch auf Lügen und immensen Risiken. Als Martin merkt, in was sie ihn hineinziehen, ist es bereits zu spät, um auszusteigen. Er ist einer von ihnen, einer der Banditen.

Gekonnt richtet Zander dabei seinen Blick auf die Mitglieder der sich selbst als Elite verstehenden Spitze der Gesellschaft, egal ob altes oder neues Geld. Sie sind diejenigen, die im Kapitalismus nach wie vor das Geld besitzen und gekonnt die Fäden ziehen. Diskret über freundschaftliche Verbindungen schaffen sie es stets den eigenen Nachwuchs auf den richtigen weg zu verhelfen, ihm die Stolpersteine aus dem weg zu räumen, damit sie so bequem wie möglich durchs Studium und Ausbildung kommen. Bei mir kam dabei manchmal die Erinnerung an die Sommerparty der jungen Reichen auf der Club-Terrasse auf Sylt in Erinnerung. Auch dort wird man am Ende trotz Nazidenkens zielgenau an den Spitzenpositionen der Macht landen - auch wenn man keine Ahnung hat. Das ist in Deutschland so, in den USA, in Japan und natürlich auch in Schweden und andernorts auf der Welt. Was macht man dann als einsamer Jurastudent, der den richtigen Platz im Leben noch nicht gefunden hat? An der Uni kommt man, wenn man es richtig anstellt, leichter als sonst mit anderen Kreisen in Verbindung. Wir wissen nicht so recht, ob wir “Ein ehrliches Leben” nicht in die Krimirubrik aufnehmen sollen, denn auch er hat als anarchisches Sozialdrama gewisse Züge, durch die er dort gut aufgehoben wäre.

Joakim Zander, Ein ehrliches Leben, Rowohlt, Taschenbuch, 432 Seiten, ISBN 978-3499012167, 18 Euro

(c) Magazin Frankfurt, 2024