Woodward, Wut

Vielen Ältere denken bei der Nennung Bob Woodwards, der amerikanischen Ikone des Investigativ-Journalismus, vermutlich an Robert Redford, der vor 44 Jahren dessen Rolle im mehrfach Oscar-prämierten Spielfilm Die Unbestechlichen übernommen hatte. Sie beruhte auf dem mit dem Pulitzer-Preis gewürdigten Buch „Die Watergate-Affäre“, das Woodwards zusammen mit seinem Kollegen Carl Bernstein über den von Präsident Nixon in Auftrag gegebenen Einbruch von Mitarbeitern des Weißen Hauses in das Wahlkampfbüro der Demokraten geschrieben hatte, der von den beiden Journalisten durch die Mithilfe eines geheimen Informanten aufgeklärt werden konnte und in der Folge Nixon zwang von seinem Amt als US-Präsident zurückzutreten.

Seit 2016 beschäftigt sich der inzwischen 77-jährige Woodward intensiv mit dem aktuellen Bewohner des Oval Office: Donald Trump. Für sein Buch „Furcht - Trump im Weißen Haus“ hatte sich Trump noch geweigert dem renommierten Journalisten für Interviews zur Verfügung zu stehen. Für das neue Buch stellte er sich Woodward in mehreren Interviews als Gesprächspartner zur Verfügung. Mit Corona hatte damals noch niemand gerechnet und so geriet Trump ins Visier der Journalistenlegende - als Präsident zwischen Corona und Wirtschaftskrise, zwischen unbeirrbaren Anhängern und neuem Widerstand.

Woodward stellt in dem Buch fest, dass Donald Trump die USA in eine tiefe Krise geführt hat. Die Corona-Pandemie, deren Gefahr er bewusst runterspielte, legt offen, welche Wunden seine Präsidentschaft riss. Gesundheitssystem und Wirtschaft stehen nun am Rande des Zusammenbruchs. Da fragt man sich, wie der US-Präsident auf die Krise reagiert. Bob Woodward führte in den letzten Monaten 18 Interviews mit Trump, sprach mit seinen Mitarbeitern und Opponenten, wertete Mails, Tagebücher und vertrauliche Briefe aus, um ein genaues Portrait des Mannes zu zeichnen, der zwischen Verdrängung, Angriff und Momenten des Zweifels schwankt.

Eine bahnbrechende, scharfsichtige, intime Reportage: das wahrscheinlich bleibende Buch über Trumps Präsidentschaft.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. „Ich habe es sehr schnell gelesen. Und es war sehr langweilig“ wiegelte Donald Trump ab, doch er dürfte ziemlich allein mit seiner Meinung sein. Die meisten Rezensenten fanden es großartig aber auch sehr deprimierend, da es offenlegt, wie brandgefährlich Donald Trump ist. Auch wenige Tage vor der möglichen Abwahl kann man nicht sicher sein, ob Trump das Ergebnis widerstandslos akzeptiert. Schon in seinem ersten TV-Duell mit seinem Kontrahenten Joe Biden forderte er die ultrarechten Rassisten von den Proud Boys auf, Gewehr bei Fuß zu stehen. Viele Menschen in den USA reagieren deshalb nicht nur mit Furcht, sondern voller Wut auf den Mann, der wohl gerne das Weiße Haus zu seinem Dauersitz machen würde und demokratische Prozesse mit Füssen tritt. Das Buch zeigt mit Trumps eigenen Worten einen Präsidenten, der das öffentliche Vertrauen und die grundlegenden Verantwortungen seines Amts verrät, urteilen die Kollegen von CNN. Eine ungewohnte und köstliche Chance, als Leser neben Bob Woodward zu sitzen und dabei Zeuge eines prahlenden und schmollenden Präsidenten Trump zu werden.

Bob Woodward, Wut, Carl Hanser Verlag, Hardcover, 550 Seiten, ISBN 978-3446269774, 24 Euro

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