Gehört der Islam zu Deutschland? Die Mehrheit der Deutschen würde dieser Aussage, die 2006 Wolfgang Schäuble von sich gab und der damalige Bundespräsident Christian Wulff 2010 wiederholte, nicht unterschreiben. Ni cht nur für Anhänger der AfD gehört der Islam eindeutig nicht zu Deutschland.
Schuld daran ist vor allem der sogenannte Politsiche Islam. Die meisten Deutschen verbinden mit der zweitgrößten Weltreligion vor allem Terror, der im Namen eines unbarmherzigen Gottes verbreitet wird, die Unterdrückung von Frauen, Kindern und Minderheiten sowie die rigorose Ablehnung westlicher Werte. Leider gibt es für diese negativen Assoziationen mit dem Islam durchaus nachvollziehbare Gründe, die aus dem weltweiten Erstarken des politischen Islam resultieren. Dieser übt durch machtbewusstes und strategisch geschicktes Agieren seiner Funktionäre in einer durch Demokratie und Pluralismus geprägten, aber durch deren Toleranz auch geschwächten westlichen Gesellschaft, großen gesellschaftlichen Einfluss aus und dominiert zunehmend die staatliche Islampolitik und den öffentlichen Dialog.
Das Interesse und die Bereitschaft, sich mit dieser als feindlich angesehehen Religion auseinanderzusetzen, ist gering. Da nutzen viele lieber einfach gestrickte Botschaften eines Thilo Sarrazin, Björn Höcke oder von islamisch erzogenen Islamlkritikern wie Necla Kelek, um selbst eine Islamophobie zu entwickeln. |
Dabei wäre Wissen über die Zusammenhänge gar nicht verkehrt. Es ist bedauerlich, dass viele Menschen keinerlei Ahnung über die Ursprünge und die Ausprägungen des politischen Islam haben, um Konfliktsituationen richtig einschätzen, angemessen zu argumentieren und handeln zu können. Das vorliegende Buch möchte mit einem fundierten und verständlichen Überblick diese Lücke schließen. Ob das Angebot angenommen wird, bleibt allerdings abzuwarten.
Die 61-jährige Susanne Schröter studierte Anthropologie, Soziologie, Kultur- und Politikwissenschaften sowie Pädagogik in Mainz, habilitierte und ist seit 2004 Lehrstuhlinhaberin. Seit 2008 lehrt sie „Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen“ im Exzellenzcluster „Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Frankfurteer Goethe-Universität. Schröter ist im Vorstand des Deutschen Orient-Instituts, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft, der Hessischen Integrationskonferenz und der Deutschen Islamkonferenz und legt hier ein Grundlagenbuch zum politischen Islam vor. Kenntnsireich beschreibt sie Organisationen und Akteure und ihre Einflussnahme auf Deutschland und bereitet so ein komplexes, gesellschaftsrelevantes Thema verständlich auf.
Susanne Schröter, Politischer Islam, Stresstest für Deutschland, Gütersloher Verlaghaus, Hardcover, 384 Seiten, ISBN 978-3579082998, 25 Euro |