Beef!, Heimat

Zumindest Fleischliebhabern dürfte bei der Lektüre des neuen und inzwischen bereits zehnten Bands der Bestseller-Reihe der BEEF!-Meisterstücke das Wasser im Munde zusammenlaufen, wenn sie den saftigen Mecklenburger Rippenbraten betrachten, der ihnen auf dem Titel entgegenlächelt. Aber auch sonst ist das ganze Buch tief mit dem Heimatboden verwurzelt. Und das aus gutem Grund, denn die verschiedenen Regionalküchen spiegeln die kulturellen Traditionen landauf und landab wider, die von den Kulturlandschaften einer Region und ihren Bewohnern bestimmt werden. Der Jubiläumsband nimmt sich diesem emotionalen und spannenden Thema an. Aufgeteilt nach Himmelsrichtungen (ent-)führen Streifzüge durch Heide und Wälder, entlang der Küste und über Streuobstwiesen und bringen die Lebensmittel und Gerichte dieser so unterschiedlichen Regionen Deutschlands näher. Porträts und Reportagen über einzigartige Produkte und ihre Anhänger, die sich der Bewahrung dieser regionaltypischen Spezialitäten verschrieben haben. Ein ganz besonderer BEEF-Titel, um sich auf das Ursprüngliche zu besinnen. Manche sind international eingestellt und fragen sich welche Landesküche die beste der Welt ist. Meistens haben die Nebschen dann die Wahl zwischen den üblichen Verdächtigen: Thailand, Frankreich, Italien und Japan hört man dann oft. Die deutsche Küche wird in diesem Zusammenhang meist nicht erwähnt. Beef! fragt sich "Zu Recht?" und dantwortet mit einem "Vielleicht". Vielen ist klar, dass die Saucen in der französischen Küche einzigartig filigran sind und dass die Italiener die besseren Nudeln machen, doch muss sich die deutsche Küche verstecken? Nein, denn wir haben auch bei uns fantastische Lebensmittel. Das lesens- und nachkochenswerte Buch widmet sich ausführlich der deutschen Küche, die seit einiger Zeit auch gerne Heimatküche genannt wird. Wahrscheinlich, weil sie vielen von uns eine kulinarische Heimstatt bietet. Weil wir Matjes nach Hausfrauenart, schwäbische Schupfnudeln und Hendl aus München geschmacklich irgendwie zusammenfassen als typisch Deutsch. Dabei sind all diese sehr unterschiedlichen Rezepturen und Gerichte eigentlich etwas ganz anderes, nämlich ein Spiegelbild der Stärke unserer regionalen Küchen.

Sind es nin Norddeutschland Wind, Wellen und weites Land, wo, beeinflusst vom maritimen, oftmals rauen Klima, aber auch den einst sehr harten Arbeitsbedingungen in den Häfen und auf den Feldern, die Küche energiereich und ursprünglich ist. Die kompositorisch mitunter gewöhnungsbedürftigen Gerichte von einst entwickeln heute – moderner und schlanker interpretiert – einen raffinierten Charme, dem selbst Feinschmecker nicht widerstehen können. Eine kulinarische Entdeckungsreise lohnt sich, denn die authentische Zubereitung vieler regionaler Spezialitäten ist nicht nur Einheimischen vorbehalten.

In Ostdeutschland ist Fantasie gefragt. Während es hinsichtlich der Speisenvielfalt im Osten Deutschlands früher allenfalls „bei Königs und Herzogs“ lukullisch zuging, bewies die bürgerliche „NormaloBevölkerung“ schon immer einen ausgesprochen „kreativen“ Umgang mit dem Essen. An Ideen mangelte es nicht, um aus dem, was Ostsee und Binnengewässer, Feld und Wald sowie – später zu DDR-Zeiten – der Garten der Datsche so hergaben, etwas Gutes zuzubereiten.

In puncto Süddeutschland fragen sich manche, wo eigentlich der „kulinarische Süden“ beginnt? Die Antwort ist denkbar einfach: dort, wo allein der Gedanke an Mayonnaise im Kartoffelsalat für blankes Entsetzen sorgt! Das hat tiefe historische Wurzeln. Dieser Teil Deutschlands stand vor rund 2000 Jahren am längsten unter römischer Besatzung und wurde deshalb stark von der mediterranen und gänzlich mayofreien (Ess-)Kultur südlich der Alpen nachhaltig beeinflusst. Man kocht hier mit Leidenschaft. Kartoffeln und Brot sind in den vielen Wirtshäusern weitaus mehr als nur Sättigungsbeilage, denn sie sind zum Essen genauso wie Wein oder Bier absolut unverzichtbar.

Im Westen Deutschlands wird aus dem Vollen geschöpft. Von den westlichen Harz-Ausläufern über das Sauerland und Westfalen, den Rhein entlang bis in die Pfalz und das Saarland – zeichnet sich der Westen durch eine enorme Vielfalt an Kulturen, Landschaften und Klimazonen aus. Das wirkt sich nicht nur auf die Ess-, sondern auch auf die Trinkgewohnheiten aus. Je nach Region wird mal mehr der Bier-und-Schnaps-Kombi gefröhnt, mal mehr dem Wein zugesprochen. Nicht zu vergessen sind hierbei regionale Spezialitäten wie Kölsch, Alt, die Eifeler Brautraditionen und selbstverständlich auch der Apfelwein.

Von Jan Spielhagen vor mehr als zehn Jahren als Projekt gestartet, entwickelte er Beef! als erfolgreiches Magazin bei Gruner + Jahr. Als ihn das Branchenmagazin medium damals fragte, an welche Kritiken der Konkurrenz er sich erinnere, sagte er, dass ihn die taz-Zeile „Frischfleisch für Besserverdiener“ gut gefallen hatte, da er mit dem Heft für € 9,80 eher an Besserverdiener richte und beim Wort "Frischfleisch" der leicht despektierlicher Umgang mit Frauen spürbar wird, den Beef! mit seinem manchmal doch sehr machohaften Ton ausstrahlt. Männermagazin trifft also ganz gut für Beef! Mit Rald Frenzel vom Wiesbadener Tre Torri-Verlag hatte er für die Buchreihe schnell einen idealen Partner gefunden, denn der Verlag steht wie kaum ein anderer für Essen, Trinken und Genuss. Dort liebt man gutes Essen, tolle Weine – und natürlich Bücher. Kochtrends, besondere Rezepte, moderne Interpretationen traditioneller Klassiker und aufregende Ideen für Ihre Geschmacksnerven beschäftigen Frenzel und sein Team Tag für Tag, wenn sie die besten Weine aus aller Welt entdecken und verkosten. Aus Speis und Trank entstehen dann mit viel Liebe zum Detail die ausgezeichneten Bücher, die hohen Anspruch an Ästhetik und Geschmack stellen. Das kommt auch beim zahlungsfähigen und genussaffinen Publikum gut an - nicht nur in Deutschland, sondern auch auf dem internationalen Buchmarkt, wo Tre Torri seit seiner Gründung im Jahr 2004 mehr als 10 Millionen Bücher verkauft hat.

BEEF!, Heimat - Meisterstücke für Männer, Tre Torri, Hardcover, 254 Seiten, ISBN 978-3960330141, 39,90 Euro

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