Die Zauber des Oman erleben
Arabiens Gewürzparadies aus Tausendundeiner Nacht
Ältere denken bei der Arabischen Halbinsel noch gern an die Wüstenszenen aus Laurence von Arabien, David Leans faszinierenden und mit sieben Oscars ausgezeichneten Monumentalfilm aus den frühen 60er Jahren. Jüngere denken hingegen eher an Dubai und die Emirate mit ihren Einkaufsparadiesen, Hochhäusern und Luxushotels. Der Tourismus konzentriert sich deshalb meist auf die Vereinigten Arabischen Emirate VAE, die sich auch zum beliebten Ein- und Ausschiffungshafen für Kreuzfahrer entwickelt haben. Der Jemen ist durch den seit Jahren herrschenden Bürgerkrieg keine Option, ebenso wenig das Königreich Saudi-Arabien, das zwar Jahr für Jahr Millionen von
Pilgern anzieht, die auf der für Moslems verpflichtende große Pilgerfahrt Haddsch Mekka mit der Kaaba und andere heilige Stätten des Islam besuchen. Auf Touristen ist das an Ölschätzen reiche Land nicht angewiesen und hält diese mit rigorosen Restriktionen und hohen Preisen eher ab. Eine erschwingliche, sichere und attraktive Kombination von Wüste, komfortablen Hotels und arabischen Charme bietet derzeit einzig das Sultanat Oman.
Tradition trifft Moderne
Das Sultanat mit seinen knapp fünf Millionen Bewohnern, welches etwas kleiner als Deutschland ist, bietet einen spannenden Mix aus Tradition und Moderne und ist ein Ort, wo noch Orient auf Oxident trifft. Alte Basare voller Trubel harmonieren mit modernen Einkaufszentren und auf den Straßen sieht man ebenso oft funkelnde Sportwagen der Reichen wie Kameltransporte auf kleinen, rostigen Lastwagen. Dieser Mix macht Oman zu einem abwechslungsreichen Reiseziel für Entdecker. |
Nahe der Grenze zum Jemen liegt in der Hafenstadt Salalah noch immer der Duft des Weihrauchs in den engen Marktgassen des Souk. Der kostbare Weihrauch stammt von den Weihrauchbäumen im Wadi Dawkah, die von der UNESCO im Jahr 2000 als Land des Weihrauchs zum Welterbe ernannt wurden. Mit dem betörend duftenden Harz hat der Weihrauchbaum, der auch im benachbarten Jemen und im durch den Golf von Aden getrennten afrikanischen Somalia wächst, einen besonderen Stellenwert als Handelsgut. Die Weihrauchstraße bis zum Mittelmeer gilt als eine der ältesten Handelsrouten der Welt und verband das Sultanat über die Wüstenstadt Petra mit dem Mittelmeerhafen von Gaza. |
Weihrauch - duftend und desinfizierend
Das getrocknete Harz duftet beim Räuchern sehr aromatisch und wird wegen seiner desinfizierenden und entzündungshemmenden Wirkung auch medizinisch nach wie vor genutzt. Wir kennen den Weihrauch eher aus der katholischen und orthodoxen Kirche, wo er als besonders wertvolle Opfergabe galt, aber wie viele der christlichen Riten wurde auch er von Vorgängerreligionen übernommen. Für die alten Römer war deshalb seine Herkunftszone „Arabia Felix“, das fruchtbare und glückliche Arabien. |
Prachtvolle Paläste und gigantische Moscheen findet man vielerorts. Auch die schneeweißen Gewänder, in denen die Omani geruhsam ihrem Tagwerk nachgehen sind entlang der Küste und in der sich anschließenden Ebene allgegenwärtig. Mit dem im Januar 2020 verstorbenen Sultan Qabus ibn Said hatte das Land einen sehr besonnen und weitsichtig regierenden Herrscher, der bei seinem Volk überaus beliebt war. |
Sultan Qabus ibn Said – weitsichtiger Regent
Wie kaum ein anderer Herrscher der Region verband er seine Macht über fast fünf Jahrzehnte mit einer behutsamen Einführung in die Moderne, eine Politik, die man in der arabischen Welt ansonsten meist vergeblich sucht. 1940 geboren kam er auf eine englische Privatschule und trat dann, wie viele andere Herrscherkinder, als Kadett in die englische Royal Military Academy in Sandhurst ein. Auch Deutschland-Erfahrungen hatte der Sultan sammeln, als er zur Rheinarmee nach Nordrhein-Westfalen abkommandiert wurde. |
Bei der Fahrt vom Flughafen ins Zentrum der Hauptstadt Muscat kommen wir an einem mit einer hohen Mauer umgebenden Areal vorbei, einem der Herrscherpaläste. An den Toren und an den vier Ecken wird er mit schwerem Gerät geschützt. |
Die traditionelle Kleidung
Die Kleidung der Omani ist fast überall traditionell geprägt. Stets findet man auf dem Kopf der Männer die traditionelle kumma, eine mehr oder weniger verzierten runde Kappe. Kein Omani geht ohne Kopfbedeckung aus dem Haus. Manchmal ist es auch der massar, ein zum Turban gewickeltes Kaschmirtuch. |
Anders als in Deutschland haben die Omani früh die Gefahr erkannt und dafür gesorgt, dass sie die möglichen Infektionswege von Fluggästen nachvollziehen konnten. |
Die Fahrt in Gebirge
Nachdem die nächtliche und etwas langwierige Pass- und Gesundheitskontrolle am Flughafen absolviert war, empfingen uns unsere beiden Fahrer. Durch die schwindende Nacht ging es vom Flughafen ins Landesinnere in Richtung Süden. Dabei ist der Zustand der Straßen erstklassig. Als Sultan Qabus vor einem halben Jahrhundert die Macht übernahm, gab es gerade einmal rund um Muscat ein paar Asphaltstraßen, heute durchzeiht ein weites Netz das ganze Land und die wichtigsten Orte sind über 2.000 Kilometer Autobahn schnell zu erreichen. |
Ob es die Perser, die in der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends in weiten Teilen des mittleren Ostens herrschten, im Oman eingeführt oder von den Omani übernommen haben ist noch unbekannt, doch einige der Kanäle, die an die Waale im Vinschgau und die Levadas Madeiras erinnern wurden 2006 auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt. |
Spektakuläre Ausblicke vom Saiq-Plateau
Heute befinden sich dort, wo einst Lady Di den Ausblick auf die an den Hängen des Plateaus liegenden Bergdörfern genoss, in denen auf Terrassen dank der Afadsch Granatäpfel, Walnüsse, Pfirsiche, Aprikosen und rosa Damaszenerrosen und Lavendel gedeihen, der Infinity-Pool eines Luxushotels. Neben dem luxuriösen Anantara Al Jabal Al Akhdar Resort locken weitere angenehme Hotels, denen der faszinierende Blick gemein ist, den man vom Pool und der Aussichtsterrasse hat. Sportler können die Region auf Wanderungen oder mit dem Mountainbike erkunden. |
Nicht nur an den Steinen, mit denen man die Gebäude errichtet hat, findet man immer wieder Hinweise auf frühere Bewohner und die vielen maritimen Fossilien führen zurück in eine Zeit, als die heute fast 2.000 Meter hoch gelegene Ebene noch von Wasser bedeckt war. |
Ausflüge in uralte Dörfer
Nur wenige Kilometer über die steinige Piste fährt man vorbei am prunkvollen Palast des Herrschers von Katar und dem daneben liegenden Saiq-Airport zu einer kleinen Brücke, von der aus man auf Bergpfaden in knapp einer Stunde zwischen Obstbäumen herunterklettern kann in das kleine Bergdorf Wadi bani Habib mit seinen jahrhundertealten |
Näher dran liegt in rund 200 Meter Luftlinie das dem Plateau seine Namen gebende alte Dorf Sayq, das man von der Terrasse des Hotels fast greifen kann. Hier gibt es seit einigen Jahren auch Strom, der ihnen das Leben etwas erleichtert. Am Hang liegen die von Hand angelegten Terrassen mit den typischen Bewässerungskanälen und es sind nur |
Lunchrast im Al Nadha Resort & Spa
Am nächsten Morgen verlassen wir die Bergregion und fahren wieder in Richtung Küste. Rund eine Autostunde nördlich von Muscat machen wir einen frühen Lunchstop bei dem weitläufigen Al Nahda Resort & Spa. Früher war das heutige Luxus-Resort bei Barka ein Obstgarten voller Mangobäume. Etliche davon hat man bis heute in dem 30 Hektar |
Wenn sich eine Hotelanlage mitten in hohen Wüstendünen befindet, ist die Begeisterung der Gäste groß. Ein Hotel mit Wow-Effekt. Gut eine Stunde Autofahrt westlich von Muscat hat Al Nadha dort auf einer sieben Hektar großen Fläche 50 ultra-luxuriöse, bis zu 138 Quadratmeter große Zeltbauten mit festem Fundament in den Sand gesetzt. Für viele Gäste dürfte es ein erinnerungswürdiges Once-in-a-lifetime-Erlebnis werden. Man sieht zwar kein Meer, aber ein Meer aus Sand. Dabei bedeutet Luxus nicht unbedingt Private-Pool-Villa mit Butler und Champagner-Empfang. Hier steht das Wüstenerlebnis im Vordergrund, Urlaub weit weg von den Massen unter dem Sternenhimmel. Verzichten muss der Gast dennoch auf nichts, denn von der Klimaanlage, dem gemütlichen Badezimmer mit Dusche und freistehender Badewanne bis hin zum preisgekrönten Spa, dem Pool und dem Open-Air-Restaurant ist alles vorhanden, wonach das Herz begehrt. Beim Bau hat man auf |
Zelt Camp auf der Sanddüne – das Dunes by Al Nadha
Schon die Lage am Wadi Al Abiyad, nur eine Stunde Autofahrt von der Hauptstadt und dem internationalen Flughafen entfernt, macht das Dunes by Al Nadha zu einem attraktiven Ziel, denn so nah und gut erreichbar ist kein anderes Wüstencamp im Oman. Außerdem liegt es – anders als seine Mitbewerber – auf dem Kamm der Düne und nicht |
Wie so oft im Oman ist die Küche das Reich eines erfahrenen indischen Chefs, der trotz des französischen Restaurant-Namens „Fleur“ köstliche indische und arabische Gemüsegerichte, Lamm und Hühnchen und in einem speziellen Ofen auch das leckere Roti-Fladenbrot zubereitet, mit dem man es essen kann. |
Besuch in der Hauptstadt Muscat
Unbedingt einplanen sollte man einen Besuch in Omans Hauptstadt Muscat. Der Name des Ortes stammt von einer Bezeichnung als Ankerplatz. Während die eigentliche von hohen Felswänden umgebene Stadt mit ihren rund 30.000 Einwohnern an einer kleinen Bucht liegt und eher die Größe eine Kleinstadt hat, ist die Muscat Capital Area in den letzten Jahrzehnten aus praktischen Gründen nach Süden hin zu einer Millionenstadt gewachsen, die sich auf der Küstenebene Batinah ausgebreitet. Das Klima der Hafenstadt ist semiarid-tropisch. Nur an durchschnittlich acht Regentage im Jahr fällt geringer Niederschlag, aber die hohe Luftfeuchte sorgt für Feuchtigkeit. Schon ab April wird es dadurch und die hohen Temperaturen für ein gutes halbes Jahr unerträglich heiß. |
Das historische Zentrum Muscats und der Souk |
Abschied vom Oman
Das letzte Abendessen ist noch einmal von der traditionelle omanischen Küche gepägt, die wir schon auf der Saiq-Hochebene kennenlernen durften. Auch an diesem Abend stehen Shuwa und Biryani auf dem Menü. Im Wüstensand hinter dem Open-Air-Restaurant „Fleur“ zeigt uns der Küchenchef, wie das traditionell zum islamischen Opferfest am
Ende des Fastenmonats Ramadan servierte Lammgericht Shuwa langsam über zwei Tage im tiefen Erdofen vor sich hin gart. Wie eine osmanische Familie genießen wir es später zusammen auf Kissen am Boden sitzend. Nebenan steht geduldig das Kamel des Resorts und beobachtet unser Mahl. Dabei bedient sich jeder nach eigenem Gusto von den großen, fast überquellenden Platten in der Mitte. Auch der Biryani-Reis wird auf einer großen Platte serviert, mit im offenen Feuer gegrillten Fleisch oder Fisch zubereitet und mit einer Sauce aus Tomaten, Chilis und Zwiebeln serviert. Am nächsten Morgen geht es wieder zum Flughafen und zurück ins hektische und kalte Deutschland. Der letzte Besuch im Oman wird dies wohl nicht gewesen sein.
© Michael Ritter
(c) Magazin Frankfurt, 2024