Für den Vinum Wein Guide 2022 ist der Franke Sebastian Fürst der „Winzer des Jahres“, das Rheingauer Weingut Prinz schaffte es als „Aufsteiger des Jahres“ und die beiden Brüder Bicking & Bicking von der Nahe als „Entdeckung des Jahres“ auf das Siegerpodest.
Insgesamt stellt der neue Führer mehr als 10.300 verkostete und bewertete Weine von über 1.000 Weingüter in Einzelporträts vor, präsentiert ausführlich die 13 deutschen Anbaugebieten und nennt Trends und Entwicklungen der deutschen Weinszene. Die neue Ausgabe des „VINUM Weinguide Deutschland“ bietet damit auf über 1.100 Seiten wichtige Informationen für alle Liebhaber deutscher Weine. Doch auch über den Tellerrand hinaus schaut der Führer mit seiner diesjährigen Gastregion: Südtirol. Dort besuchten die Tester mehr als 50 Betriebe der beliebten Weinregion südlich der Alpen.
Für seine Wahl des Winzers des Jahres hat das Team des „VINUM Weinguide“ über Monate hinweg in zahlreichen Einzel- und Vergleichsproben Weine aus allen deutschen Anbaugebieten verkostet. Dabei waren sich die Chefredakteure Matthias F. Mangold und Harald Scholl einig, dass sich der Jahrgang 2020 mit seinen Weißweinen mit hervorragendem Säuremanagement und animierendem Trinkfluss in keiner Weise verstecken muss. Auch die eingereichten Rotweine aus den Jahren 2018 und 2019 zeigten, was in Deutschland inzwischen möglich ist. Dabei stellten sie rasche einen Betrieb ins Rampenlicht, der schon lange als Vorbild für Spätburgunder steht. Sebastian Fürst. Der "Winzer des Jahres“ erhält den begehrten Titel 19 Jahre, nachdem schon sein Vater damit bedacht wurde. Bisher einmalig, dass der Preis erneut einem als "Winzer des Jahres" ausgezeichneten Betrieb geht, doch völlig gerechtfertigt, denn Sohn Sebastian führt den Stil von Vater Paul Fürst in beeeindruckender Weise fort und verleiht ihm seine eigenen Nuancen, übrigens auch beim Chardonnay. Das Weingut im churfränkischen Bürgstadt war mir erstmals ausgefallen bei einer Vergleichsverkostung, bei der ich Schwierigkeiten hatte, den erstklassigen Spätburgunder von Toplagen im Burgund zu unterscheiden. Inzwischen hat der Spätbungunder regelrechten Kultstatus erlangt und bei einem späteren Besuch auf dem Weingut zeigten auch die Weißweine eine stattliche Qualität. Rund die Hälfte der Reben sind nämlich weiß. Seit 1975 führte der damals 21-jährige Paul Fürst das Weingut nach dem frühen Tod seines Vaters Rudolf, der dem Weingut auch heute noch seinen Namen schenkt. Inzwischen hat Fürst als Mittsechziger das operative Geschäft an Sohn Sebastian abgegeben, aber wie in den meisten echten Familienbetrieben ist immer noch die ganze Familie dabei. Qualität und Klasse der Fürst Weine kann man inzwischen in der neuen Probierstube testen, die geradezu dazu einlädt, die erlesenen Weine zu verkosten.
Bei Fred Prinz und Sohn Florian, den Aufsteigern des Jahres 2022 zählt „Eleganz" zu den wichtigsten Aspekten bei der Weinherstellung und kennzeichnet nach Ansicht von Fred Prinz den Prinz-Stil. Sohn Florian, der für den Außenbetrieb verantwortlich zeichnet hatte sicherlich einiges zu tun, nach mehreren trockenen Jahren hintereinander einen guten Wein heranzuziehen. Doch Vater und Sohn konnten solche Herausforderungen meistern und ihr Umstieg auf biodynamischen Weinbau habe ihnen nach eigener Aussage sogar dabei geholfen. Wie schon in den Vorjahren hatten die Verkoster die schwere Aufgabe, aus der großen Zahl neuer Namen und Gesichter die Entdeckung herauszufiltern, die es in ihren Augen bis nach ganz oben aufs Treppchen schafft. In diesem Jahr waren es die Brüder Achim und Lukas Bicking aus dem Zellertal, die an die Nahe „ausgewandert“ sind, dort einen bestehenden Betrieb übernommen haben und ihn als Weingut „Bicking & Bicking“ in eine neue spannende Zukunft führen. |
Von den weiteren Auszeichnungen seien noch die „Weinkarte des Jahres“ genannt, die unter ihrem Weinangebot mehr verstehen, als ein gängiges Standardprogramm. Bei Billy Wagner im Berliner „Nobelhart & Schmutzig“ versteht man sich sogar als politisches Restaurant mit einem Fokus auf Handwerklichkeit. Ohne einen einzigen Grauburgunder. Mit seinen Sommeliers Lucas Klemm und Andy Benn will er nicht mal, dass jedem alles schmeckt, vielmehr soll der Horizont der Gäste erweitert werden. Auch die BYO-Möglichkeit wird dem Kunden geboten, der als Korkgeld ein dem Wein adäquaten Obulos bezahlt.
Wie jedes Jahr wählt man aus den regional am höchsten bewerteten Weinen die bundesweiten Sieger. Beim Sekt ist dort wieder einmal Volker Raumland aus dem rheinhessischen Flörsheim-Dalsheim ganz weit vorne, dessen 2008er Blanc de Noirs Grande Réserve Brut einmal mehr seine außergewöhnliche Klasse beweist. Beim Spätburgunder konnten sich Vater und Sohn Fürst durchsetzen (und belegten zusätzlich Platz 3) Ihr 2019er Hundsrück Großes Gewächs zeigt schon beim ersten Schnuppern. „Himbeere und weiße Blüten, wie ein Frühlingstag, verspielt und dicht zugleich, hebt ab wie eine Ballerina, wunderbar feine Tannine“ – wie das Team der Bundesfinalprobe begeistert festhielt. Bei den „anderen“ Rotweinen nicht aus Spätburgundertrauben waren kaum Jahrgänge in Deutschland besser geeignet als 2018 und 2019. Dabei standen Cabernet Franc und Syrah besonders im Fokus. Unschlagbar erwies sich der 2019er Syrah Réserve von Rings aus der Pfalz, Beim Silvaner stand Franken voll im Scheinwerferlicht. Wie im Vorjahr begeisterte Paul Weltner mit seinem 2020er Rödelseer Hoheleite Großes Gewächs. Beim Burgunder konnte sich nach Chardonnay und Grauburgunder in den Vorjahren diesmal der 2020er Birkweiler Mandelberg Weißburgunder Großes Gewächs druchsetzen. Ein Wiederholungstäter und eine Ikone für diese Rebsorte, der bei Franz Wehrheim leichter und filigraner ausfällt als bei seinem Vater Karl-Heinz.
Bei der deutschen Königsdisziplin, dem trockenen Riesling ist es ein Pfälzer, der den Titel davonträgt. Philipp Kuhn schaffte es mit seinem 2020er Kallstadter Saumagen Großes Gewächs, die Mitbewerber auf Distanz zu halten. In den erstmals zusammengelegten Kategorien Feinherb und Kabinett behauptete sich die 2020er Niedermenninger Herrenberg Spätlese Feinherb–11– vom Mosel-Weingut Falkenstein (Mosel). Nahtlos schließt sich an diese Handwerkskunst die Riesling Spätlese an, und auch hier setzen sich ein Könner von der Mosel durch. Die 2020er Wehlener Sonnenuhr von Schloss Lieser ist unangefochtener Leader des Rudels. Bei den Riesling Auslesen konnte Prüm ein fulminantes Comeback feiern. Tochter Katharina Prüm präsentierte ihre 2020er Wehlener Sonnenuhr Goldkapsel, einen verspielten und vielschichtigen Wein mit komplexer Mineralität und immens feinem Schmelz. Bei den edelsüßen Weinen zeigt der Rheingau was er kann und hat mit 99 Punkten gleich zwei Weine, von denen die 2020er Oestricher Lenchen Eiserberg Trockenbeerenauslese Goldkapsel vom Weingut Spreitzer die Nase vorn hatte.
Neben dem Buch kann der Käufer auch auf die beiliegende komplett überarbeitete Premium-App zurückgreifen, die umfassend, schnell, einfach und einzigartig über die Weine informiert. Weinliebhaber können damit jederzeit per Smartphone in Sekundenschnelle Weine und Winzer suchen und nach Preis, Bewertung, Region etc. filtern. On top gibt es hier Empfehlungen aus der VINUM Weinguide Redaktion. Und auch wenn sonst so gut wie alles teurer geworden ist: Der Preis des Weinguides bleibt mit 35 Euro gleich.
VINUM Weinguide Deutschland 2022, Intervinum, Broschur, 1114 Seiten, ISBN 978-3-95961-611-9, 35 Euro |