Große Weine aus dem Piemont - Tenuta Carretta
Tenuta Carretta - eine lange Weinbaugeschichte
Wenn man sich ein wenig mit den Winzern und ihren Weingütern beschäftigt, merkt man schnell, dass es unterschiedliche Gruppen gibt. Die einen haben als Geschäftsleute, Politiker oder Juristen – meist aber einer Kombination dieser Tätigkeiten in den Metropolen Karriere gemacht und sich dann, weil sie selbst gerne Wein trinken und weil es hipp ist, ein altes Weingut gekauft und mit einem der renommierten und teuren Berater ihre eigenen Weine auf den Markt gebracht. Meist waren es dieselben Menschen, die mir mit einem Lächeln ein durchaus nicht witziges Bonmot erzählten: „Wissen Sie, wie man mit Wein ein kleines Vermögen machen kann? --- Man muss mit einem großen Vermögen anfangen.“ Stimmt natürlich, denn der Markt ist hart und wenn man zu teuer kauft, zu teure Beratung bucht und alle Arbeiten von zuverlässigen Mitarbeitern erledigen lässt. Meist hat zuvor schon die Renovierung des Weinguts und das Aufpeppen des technischen Equipments auf den neusten Stand ein Vermögen verschlungen. Selbst einige Prominente, wie der Simply Red-Sänger Mick Hucknall fallen in die Gruppe und wissen ein Liedchen davon zu singen. „Man kann kein Business erfolgreich führen, wenn man mehr als 2000 Kilometer entfernt ist. Es war am Ende eine Geldverschwendung, so viel Eigentum zu haben" sagte der Sänger kürzlich in einem Interview. |
Damit konnte die Tenuta punkten, deren Weinberge verteilt in der Langhe und Roero liegen, wobei fast die Hälfte mit 35 Hektar sich rund um die Kellerei in Piobesi d’Alba finden. Doch wenn man mal zu Gast auf dem eindrucksvollen Weingut ist, das sich dem integrierten Weinbau verschrieben hat und kulinarisch vom ligurischen Sternekoch Flavio Costa bekocht wird, der für Ivana Brinoglo Miroglio, die für die drei Weingüter der Konzern zuständig ist, nicht nur das Restaurant 21.9, sondern auch das kleine Boutiquehotel Albergo di Charme mit zehn von ihr eingerichteten romantischen Suiten leitet, merkt man schnell, wie nah die namhaftesten Weinbauzonen des Piemont beieinander liegen. Das bringt eine große Vielfalt mit dem weißen Arneis und den roten Barbera, Favorita und Nebbiolo. Vor allem letzterer ist, wie kaum verwundert, ein Schwergewicht des Weinguts. Klein aber fein der Weinberg in Barolo, deutlich größer die beiden Lagen für den Barbaresco DOCG. “Unsere Familie hat schon immer in diesem Teil des Piemonts gearbeitet, daran geglaubt und darin investiert: historisch im Textilgeschäft und in de den letzten 30 Jahren mit direktem und wachsenden Einsatz in der Produktion großer Weine“, freut sich Ivana, die für das Piemont die Vereinigung der „Donne del Vino“ vertritt. |
Giovanni Minetti als erfahrener Winemaker
Mit der Tenuta Carretta hat Miroglio ein schon seit 1467 existierendes Weingut gekauft. Älter als seine piemontesischen Mitbewerber, aber noch nicht ganz in der Liga der Topweingüter des Piemonts. Das könnte sich in den kommenden Jahren durchaus ändern, denn Mirolglio hat vor einiger Zeit mit Giovanni Minetti einen gestandenen Weinexperten ins Boot geholt, der zuvor lange Zeit für das inzwischen von Eatitaly-Gründer Oscar Farinetti erworbene piemontesische Vorzeige-Weingut Fontanafredda gearbeitet hatte. Minetti soll das Weingut wieder zu einem der Top-Weingüter des Piemont machen. “Die Weinberge sind das wesentliche Element, denn aus ihnen stammt die Qualität des Weins“ sagt Minetti. Die Voraussetzungen sind exzellent: erstklassige Lagen, ein modernes Weingut und junge, begeisterte Önologen unter Leitung eines der alten Experten. Die Nachfrage nach Spitzenweinen ist da, aber trotz der Steigerung der Produktion in den letzten Jahren ist die Menge der Spitzenweine immer noch überschaubar und rechtfertigt für einige der Winzer Preise von bis zu 1.000 Euro pro Flasche. Da spielt die Tenuta Carretta noch nicht ganz mit, aber bei einer über 500jährigen Geschichte kann man ja etwas warten. |
„Weinherstellung ist relativ einfach“ sagt Minetti – „aber einen „großen“ Wein herzustellen ist eine Herausforderung, die kostspielig ist und große Aufmerksamkeit auf die Details verlangt“. |
DIE SpitzenWEINE der Tenuta Carretta
Der Spitzenwein des Weinguts ist der Barolo Cannubi Riserva der Collezione Rag. Franco Miroglio, den Franco Miroglio jr. seinem gleichnamigen Großvater gewidmet hat, der das Modeunternehmen aufgebaut hat und es mit dessen Erfolg seinem Vater Edorado ermöglichte, das Weingut zu erwerben und damit die Weinbautradition der Familie zu begründen. Die Produktion ist in jedem Jahr streng auf 1.260 nummerierte Flaschen begrenzt, die dann mindestens 5 Jahre reifen muss, bevor sie in den Verkauf gelangt, mindestens drei davon im kleinen Fass aus französischer Eiche. Der Wein stammt aus dem gleichnamigen historischen Cannubi-Weinberg im Nordosten von Barolo, dessen ideale Sonnenausrichtung und sein ganz spezielles Mikroklima ihn zu einer absoluten Paradelage der Region macht. Noch heute bewahrt man im Ort eine Flasche "Cannubi 1752" auf, die wohl älteste noch erhaltene Flasche des Piemont, die beweist, welche Bedeutung die Einzellage schon damals hatte, denn ihre Weine vereinen Reife, Frische, Komplexität und Eleganz mit wunderbarer Duftigkeit. |
Mit Angelo Gaja hat einer der namhaftesten Winzer Italiens dort sein Weingut. Durch die Nähe zum Tanaro sind die Hügel des Barbaresco niedriger. Der Wein ist meist mehr Finesse, ist filigraner und hat trotz der Kraft nicht die Wucht, mit der viele Barolos auftrumpfen. Seit 1980 wurde das Gebiet als DOCG anerkannt und der Wein gilt als „Wein der Königin“. Meist wird er kürzer ausgebaut als der Barolo. Einfache Barbarescos reifen zwei Jahre, davon eines auf Holz, beim Barolo ist es ein Jahr mehr. Die Menge an Barbaresco ist bei 500 ha deutlich geringer als bei den 1.200 ha Barolo. |
(c) Magazin Frankfurt, 2024