Wie kann verloren gegangenes technologisches Terrain zurückerobert werden? Diese Frage stand im Fokus des aktuellen VDE-Positionspapiers „Intelligente Mobilfunkantennen“ der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE. Während noch vor wenigen Jahren Deutschland und Europa im Mobilfunk an vorderster Front agierten, wird dieser Markt gegenwärtig zunehmend von asiatischen sowie von US-Firmen bedient. Die Expertise sieht indessen gute Chancen für ein deutsches Comeback im Mobilfunk – und zwar mit Hilfe eines bisher wenig beachteten Schlüsselelements der Übertragungstechnik.
Intelligente Mobilfunkantennen sollen den hierfür notwendigen Rückenwind liefern. Diese verwenden verschiedene Techniken wie die MIMO (Multiple Input – Multiple Output)- Mehrfachantennentechnik oder zukünftig auch elektronisch strahlgesteuerte Antennen, die ihre Ausstrahl- oder Empfangsrichtung auf einen oder mehrere Mobilfunknutzer oder auf eine Basisstation konzentrieren können. Zugleich werden im Konzept der intelligenten Antennen die Hochfrequenz-Einspeiseeinrichtung und die Antennensteuereinheit soweit wie möglich im direkten Umfeld der Antenneneinspeisestelle angebracht, was zu erheblichen Verbesserungen des wirtschaftlichen Betriebs der der Antennen-Sende-Einheiten führt. Wie mit Hilfe intelligenter Antennen die Übertragungskapazität und die Frequenzeffizienz, also die pro Hertz Bandbreite übertragbare Information der Mobilfunksysteme vergrößert werden kann, wurde sowohl in theoretischen und experimentellen Arbeiten in Deutschland und Europa bereits nachgewiesen.
Zurzeit wird gerade die vierte Generation der Mobilfunktechnik aufgebaut und in Betrieb genommen. Dieser auch als „Long Term Evolution“ bezeichnete Standard erlaubt Übertragungsraten von bis zu 300 MB pro Sekunde. Ungeachtet dessen denken Wissenschaft und Industrie bereits über eine fünfte Generation (5G) nach. Im Rahmen dieser Diskussion wird auch der Betrieb intelligenter Antenennsysteme unter anderem bei sehr hohen Frequenzen bis hin zu 60 GHz ins Kalkül gebracht. Der Betrieb von Mobilfunksystemen in diesem Frequenzbereich wird nur in Kleinzellen mit Antennen, die eine elektronische Strahlausrichtung ermöglichen, machbar sein. |
Durch die Einführung von intelligenten Antennen wandelt sich deren Rolle von einem rein passiven Element zu einem aktiven, eigenständig steuerbaren Netzelement. Dies eröffnet der deutschen Industrie in Verbindung mit einer standardisierten Schnittstelle die Möglichkeit, wieder stärker im Mobilfunksektor Fuß zu fassen und innovative Produkte anzubieten.
Im Fokus der Forschung zu 5G steht nicht die schlichte Erhöhung der Netzkapazität, sondern die Benutzererfahrung. Der 5G-Mobilfunk wird eine sehr viel größere Palette an miteinander verbundenen Informationsdiensten und Anwendungen unterstützen, denn die Netze werden neue Möglichkeiten entwickeln, einen breiteren sozialen und unternehmerischen Bedarf zusätzlich zur Nachfrage des einzelnen Verbrauchers zu erfüllen. Auf diese Weise soll ein zunehmender Einsatz von Mobilfunk für die industrielle Kommunikation, für die Verkehrstelematik und für den Aufbau einer intelligenten Infrastruktur ermöglicht. Damit werden die Anwendungsgebiete des Mobilfunks stark erweitert und letztlich die wirtschaftliche Bedeutung für den Industriestandort Deutschland enorm gesteigert.
Die Herausforderung für die deutsche Industrie besteht jetzt darin, das Know-how in marktfähige Produkte umzusetzen. Allerdings ist dieses Know-how insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland angesiedelt, welche die Kosten für die Umsetzung in marktreife Produkte nicht alleine schultern können. Daher bedarf es intensiver Förderung, um diese große Chance für den Wiederaufbau der Mobilfunkindustrie in Deutschland zu nutzen – dies umso mehr, als intelligente Antennen weit über den Mobilfunkbereich hinaus klare Vorteile für die Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft bieten.
Last not least eröffnen intelligente Antennesysteme auch ein erhebliches Potenzial zur Energieeinsparung. So kann unter anderem durch eine zielgenaue Ausrichtung des Antennenstrahls auf den Nutzer die Energiedichte in Nutzerrichtung maximiert, in die anderen abseits liegenden Raumbereich dagegen minimiert werden. Auf diese Weise wird nicht nur das Übertragungsverhalten verbessert, sondern zugleich die erforderliche Sendeleistung reduziert.
(c) Rolf Froböse |