Wellness Stars in Niedersachsen
Wellness wird inzwischen in Niedersachsen ganz groß geschrieben. Zwar findet man hie und da immer noch ein paar Bäder, die den Wechsel von der verordneten Kur zum selbstgewählten Wellness-Urlaub schlicht verschlafen haben, doch die meisten Bäder beschreiten in den letzten Jahren gezielt neue Wege, um den Gast in einer Wohlfühlatmosphäre willkommen zu heißen. |
Ausgesprochen anspruchsvoll finden das viele, weshalb sie es mit ihren Baumhaussuiten auch schon in internationale Trendmagazine wie „The New Yorker“ geschafft hat. Klar, dass das dann nicht mehr ganz der windschiefe Bau eines Teenagers werden konnte, den man nur über ein paar wacklige Strossen oder ein Seil erreicht. Doch darüber sieht man gerne hinweg, denn die Urlaubsbleibe in den Baumwipfeln ist sehr gediegen. Hinauf steigt man auf einer festen Stahltreppe und steht schon nach wenigen Metern auf der Veranda. Im Innern braucht man auf keine der Annehmlichkeiten moderner Ferienhäuser zu verzichten. Fußbodenheizung im Marmorbad sorgt für gleichmäßige Temperaturen und die Betten für insgesamt vier Personen sind mit komfortablen Matratzen ausgestattet. Fernsehen gibt es zwar keins, aber Insa Ottenken ist sicher, dass ihre Gäste gerne darauf verzichten, da der Blick aus dem Fenster die unverfälschte Natur zeigt. Für sie die reine Natur ein wichtiges Argument, wenn sie ihre Baumhäuser anbietet. Vier Suiten sind in luftiger Höhe zu buchen. „Wellness auf natürliche Art", nennt sie das, wenn sich der Gast in den 40 Quadratmetern vom Duft des unbehandelten Lärchenholz und dem sanften Gewoge der Blätter und Äste in den Schlaf wiegen lässt. Dabei schwankt das Bauwerk auf Stelzen keinesfalls hin und her. Selbst Stürme können den standfesten Bau nichts anhaben. |
Bad Zwischenahn und das Moor
Bad Zwischenahn hat sich auch sonst in Sachen Wellness-Tourismus gut aufgestellt. Die angenehme Parklandschaft des Ammerlands beherbergt das Kayhauser Moor, das Bad Zwischenahn zum staatlich anerkannten Moorheilbad werden ließ. Das in Jahrtausenden gewachsene Moor und seine Naturkräfte werden im hohen Norden medizinisch genutzt. Das mit einem dichten Reet-Gürtel umgebene Zwischenahner Meer, wie der große See am Rande der Stadt genannt wird, ist der ideale Ort für die moderne Kurklinik, die dem Gast die unterschiedlichsten Anwendungen anbietet. Im Wellness am Meer gibt es zum Beispiel ein Bad in Eselsmilch in einer kupfernen Badewanne. Gekonnt und professionell wird auch die verspannteste Rückenmuskulatur wieder in Form gebracht und natürlich praktiziert man auch die typischste Anwendung der Region am Gast: das Moorbad. Dabei wird das Moor auf eine Temperatur knapp über der Körpertemperatur erwärmt und hilft bei rheumatischen Erkrankungen und Verschleiß der Stütz- und Bewegungsorgane. Auch Verspannungen, Frauenleiden und Schuppenflechte werden dadurch geheilt oder zumindest gelindert. |
Feinschmecker kommen in Bad Zwischenahn auf ihre Kosten. Seit über 350 Jahren werden auf dem Hof der Fischerei Rabben Aale aus dem Zwischenahner Meer gefangen und geräuchert. Man schmeckt die langjährige Erfahrung, die der Räucheraal widerspiegelt, der dort in einem uralten Räucherofen nach ebenso alter Tradition schonend und scheinbar völlig ohne Zeitdruck, Chemie, künstliche Zusätze, Aromen und Duftstoffe auf Erlen- und Buchenholzfeuer handgeräuchert wird. Da sieht man wieder, dass es gar nicht viel braucht, um richtig gute Produkte zu erzeugen. Traditionell genossen wird auch im Spieker, einem alten Ammerländer Bauernhaus. Auch dort steht der Räucheraal oder „Ammerländer Smoortaal“, wie er hier im Spieker heißt, an der Spitze der deftigen Spezialitäten. Das Räuchern der Aale, vor allem die Zusammensetzung der Holzsorten, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Damit er gut runtergeht empfiehlt man "Vor dem Aal einen Schnaps - zum Aal einen Schnaps - nach dem Aal einen Schnaps ... aus dem Zinnlöffel!" |
Wellness in Neuharlingersiel
Eine knappe Autostunde nördlich, vorbei an Wilhelmshaven und Jadebusen erreicht man das ostfriesische Neuharlingersiel. Statt dem Bad Zwischenahner Moor dient hier der Schlick aus dem Wattenmeer als Wellness-Grundlage. Sieler nennen sich die Einwohner des kleinen Dorfs hinter dem Teich. Früher fuhren sie aus dem kleinen Hafen auf Krabbenfang auf die Nordsee. Der Tourismus bringt seit gut 100 Jahren Gäste, die von hier mit der Fähre nach Spiekeroog übersetzen wollen. Inzwischen bleiben sie gerne etwas länger, denn auch Neuharlingersiel hat etwas zu bieten. Das Reizklima mit der salzhaltigen Luft linderte besonders die Leiden von Lungenkranken und brachte die erste Kurklinik in den Ort. Vor wenigen Jahren wurde das Wattenmeer auf der anderen Seite des Damms von der UNESCO in die Liste des Weltnaturerbes aufgenommen. |
Stolz sind die Sieler auf ihr 2011 eröffnetes Badewerk. Der mineralhaltige Naturschlick ist rund 400 Jahre alt und kommt dort zusammen mit dem Meerwasser therapeutisch zum Einsatz. Beim Schlick-Dampfer, der Wellness-Kenner stark ans Rasul-Bad erinnert, bestreicht man den Körper mit Schlick. Wenn er auf der Haut langsam flüssig wird, entfaltet er seine Peeling-Wirkung und wird hinterher mit ostfriesischem Regen abgeduscht. Das Reizklima tut den meisten Allergikern sehr gut, da die Luft arm an Allergenen und Umweltgiften ist. Gegen Beschwerden des Bewegungsapparates und Hauterkrankungen hilft die Kombination aus Sonne, Schlick und Salzwasser und auch die Schilddrüse bekommt durch die gesunde Seeluft ausreichend Jod. Das hochmoderne Badewerk war der Pionier unter Niedersachsens Wellness-Stars. In der Außenanlage ankert ein Sauna-Kutter und eine 100 Grad Deichsauna liegt direkt unter einem kleinen Wall, der das Gelände zum Meer hin abtrennt. |
Zur Tee-Zeremonie in den historischen Sielhof
Einst war der Sielhof ein alter Herrensitz. Vor einigen Jahren haben ihn die Sieler mit viel Liebe zum Detail restauriert und zeitgemäß umgebaut. Inzwischen bietet er den Gästen Unterhaltung und Entspannung in urgemütlicher Atmosphäre. Ein Wahrzeichen des kleinen Orts ist die beeindruckende Wand aus 870 Fliesen, die größte geschlossene Einheit von Bibelfliesen in Ostfriesland. Mitte des 18. jahrhunderts in Westfriesland gefertigt, wurden die Bibelszenen wahrscheinlich beim Bau des Anwesens angebracht. |
Bei einer Tasse Tee gibt es Wissenswertes über die historischen Hintergründe, die Teesorten und ihren Anbau sowie die traditionelle Zubereitung des ostfriesischen Nationalgetränkes zu erfahren. Ein ideales Angebot, wenn das Wetter einmal nicht mitspielt und der in Neuharlingersiel nicht unübliche Starkregen über den Ort heruntergeht. |
(c) Magazin Frankfurt, 2024