Sammlung Bührle, Von Dürer bis van Gogh

"Monets Zauber hat mich nie losgelassen, Cézanne, Degas, Manet, Renoir wollte ich in meinem Umkreis an meinen Wänden haben", so blickte Emil Bührle kurz vor seinem plötzlichen Tod im November 1956 auf den Beginn seiner Sammelleidenschaft zurück. In nur wenigen Jahren war es dem Schweizer Waffenfabrikanten deutscher Herkunft gelungen, eine erstaunliche Vielzahl von herausragenden Kunstwerken aus den bedeutendsten Epochen von Gotik bis Kubismus zusammenzutragen. Wie kaum ein anderer steht der Name Emil G. Bührle für die Verknüpfung von Waffen und Kultur, von Geld und Macht, manche sagen auch für Arroganz und Knauserigkeit, unternehmerische Kühnheit und Rücksichtslosigkeit.

Zweifelsfrei hat Bührle die Vorstellung kultiviert, dass Kunst den Menschen veredle. Wer Sinn für das Schöne habe, könne kein schlechter Mensch sein. Bührle hatte nie Skrupel wegen seiner Tätigkeit als Waffenfabrikant – im Gegenteil. Und er hat an alle verkauft, die seine Kanonen bezahlen konnten. Hauptkunde während des Zweiten Weltkrieges war jedoch Nazideutschland, was man ihn nur teilweise zum Vorwurf machen kann, da die Schweiz von Deutschland und seinen Verbündeten eingekesselt war.

Im vergangenen Jahr sorgte das "Schwarzbuch Bührle" von Thomas Boumberger und Guido Magnaguagno für reichlich Diskussion nicht nur in den Schweizer Medien. Die Autoren beschreiben darin umstrittene Kunstwerke und die lückenhafte Dokumentation von Gemälden, die einst in jüdischem Besitz waren. Das war besonders brisant, da der größte Teil von Bührles Gemäldesammlung vom Kunsthaus Zürich übernommen werden soll und als Grundstock im geplanten Erweiterungsbau von David Chipperfield geplant sind, womit der Name Bührle auf einer der wichtigsten Kulturinstitutionen Zürichs und der Schweiz prangt. Sie fragen nach, woher Bührles Bilder stammen, ob es sich teils um Raubkunst beziehungsweise Fluchtgut handelt und wie Bührle zu seinem Reichtum kam? Ungeklärt auch die Frage, welche Rolle Bührle im Kunstraubsystem der Nazis spielte. Eine Diskussion um ein schwieriges Erbe also, das noch aufgearbeitet werden muss.

Nicht alle Bilder durften seiner Erben ohnehin behalten. Drei Fünftel der Sammlung wurden 1960 von ihnen in die Stiftung Sammlung E. G. Bührle eingebracht und sind seitdem der Öffentlichkeit zugänglich. Die im Familienbesitz verbliebenen Kunstwerke werden immer wieder in Ausstellungen gezeigt.

Schon vor einem Vierteljahrhundert kam es bei einer Ausstellung mit Werken der Sammlung 1990 in Washington D.C. zu Protesten und einer Diskussionen in den Medien über Bührles Rolle als Waffenexporteur im Zweiten Weltkrieg und die teilweise nicht geklärte Herkunft der Bilder aus vormals jüdischem Besitz. Die Unabhängige Expertenkommission Schweiz–Zweiter Weltkrieg hatte dreizehn Gemälde aus französisch-jüdischem Besitz nach dem Zweiten Weltkrieg auf Grund eines Urteils des Bundesgerichts von 1952 an die Alteigentümer zurückgeben. Zu den Waffenlieferungen an den NS-Staat und Italien konnte Bührle einst auf die Lieferanforderung durch die schweizerische Regierung verweisen, nach der er ausschliesslich nicht kriegsentscheidende und kriegsverlängernde Flugabwehrkanonen und Zubehör geliefert habe.

Bührles große Liebe galt immer den Impressionisten und hier treffen sich seine Interessen mit denen des Kölner Wallraf-Richartz-Museums. Noch in den 1950er-Jahren konkurrierten beide Parteien zuweilen auf dem Kunstmarkt um die besten Bilder und heute, sechzig Jahre nach Bührles Tod, bringt das Wallraf 64 Meisterwerke aus beiden Sammlungen für einen einzigartigen Dialog zusammen. Dabei kommen neben den bereits genannten französischen Impressionisten auch Meister wie Dürer, Cuyp, Canaletto, Delacroix, Courbet, Sisley, Pissarro, Gauguin, van Gogh, Picasso und Braque zusammen. Die Ausstellung ist vom 23. September 2016 bis 29. Januar 2017 ausschließlich in Köln zu sehen.

Leopold Reidemeister, der von 1945 bis 1957 das Wallraf-Richartz-Museums leitete hatte Bührle persönlich kennengelernt und charakterisierte den wohlhabenden Industriellen und leidenschaftlichen Kunstsammler so: "Er hatte die schöne Muße und Gelassenheit, eine halbe Stunde vor einem Monet zu verbringen, wobei man nicht zu hören bekam, daß er vielleicht bedeutendere Bilder dieses Künstlers besaß." Bührles Kollektion europäischer Malerei galt schon damals als eine der wichtigsten privaten Sammlungen überhaupt. Die rund 200 repräsentativen 200 Gemälden und Skulpturender Stiftung waren bis Mai 2015 in der Züricher Villa neben Bührles Wohnhaus zu sehen und sollen ab 2020 in dem beschriebenen Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

Der zur Ausstellung bei Belser erschienene Band lässt rund 70 Meisterwerke aus dem Wallraf-Richartz-Museum mit Werken aus der Sammlung Bührle in einen einzigartigen Dialog treten. Neben den französischen Künstlern des 19. Jahrhunderts kommen Meister wie Dürer, Cuyp, Canaletto, Delacroix, Pissarro, Gauguin, van Gogh und Picasso zusammen.

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