Shirley - Visionen der Realität
Anfang März kommt ene spannende Hommage an den amerikanischen Realisten Edward Hopper als DVD in den Handel. Verantwortlich für dieses ungewöhnliche Filmprojekt ist der Wiener Regisseur Gustav Deutsch, der 13 Bilder Hoppers originalgetreu und detailversessen als Kulisse in einem Filmstudio nachbaute und in diesen Bildern mit ausgeprägter Langsamkeit die Geschichte von Shirley (Stephanie Cumming) erzählt.
Shirley wächst in den 30er Jahren in den USA auf und erlebt bis in die 60er hinein die zentralen gesellschaftlichen Umbrüche ihrer Zeit. Dabei sieht sie sich großen Veränderungen gegenübergestellt: Von der großen Depression, über den Weltkrieg bis hin zu den Aufständen im Zuge der Rassenkonflikte und der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Während sie all das durchlebt und reflektiert, findet sie sich nicht mit der Rolle als Ehefrau und Mutter ab und verliert auch bei politischer Repression nicht den Kopf. Sie sieht die Gesellschaft als von Menschen gemacht an – und somit als veränderbar und beschäftigt sich mit der Darstellung und Inszenierung der Wirklichkeit als Schauspielerin am Theater. |
Hoppers Themen wurden häufig interpretiert als Ausdruck der Isolation und Ausgrenzung des Einzelnen. Sie zeigen Enzelne in Diners, Hotelzimmern, Wartehallen oder vor Hausfassaden. Oft scheinen die abgebildeten Menschen in Melancholie versunken zu sein, blicken gedankenverloren aus dem Fenster, auf einen Punkt außerhalb des Bildes oder sie lesen ein Buch. Sind mehrere Personen dargestellt, so gehen auch deren Blicke meist aneinander vorbei und veranschaulichen so Distanz trotz räumlicher Nähe.
In der Verbindung dieser Geschichte von Shirley mit den Bildern und der Sichtweise Edward Hoppers ist Deutsch ein ungewöhnliches Kunstwerk gelungen. Die Bilder des Malers sind selbst durch das Kino und den voyeuristischen Blick auf die Realität geprägt. So gelang es Hopper eine starke, verlockende Intimität zwischen seinen Werken und dem Betrachter aufzubauen. Hier werden sie Handlungsorte eines Spielfilms, der dem Zuschauer eine eigene Geschichte erzählt.
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(c) Magazin Frankfurt, 2024