Stevan Paul ist gelernter Koch, der seine Ausbildung in seiner Heimatstadt Ravensburg bei Albert Boulay im Restaurant Waldhorn absolvierte, wo gegen Ende seiner Lehrzeit auch der junge Juan Amador als Souschef begann, der das Waldhorn als die wichtigste Station in seinem Leben bezeichnete. Boulay, der jahrelang von Gault-Millau mit bis zu 19 Punkten dekoriert wurde und dessen Restaurant bis 2005 ein Michelin-Stern zierte, gilt als einer der Pioniere der Fusionsküche mit französischen(von seinem Vater), asiatischen und deutschen (von seinem Schwiegervater) Einflüssen. Auch für Tim Raue, der diese Küche heute wie kein anderer verkörpert, bewundert den Koch und Stevan Paul, der inzwischen als Autor und Rezeptentwickler für verschiedene Verlage, Zeitungen, Zeitschriften und Radiostationen arbeitet und neben erfolgreichen Kochbüchern für sich und als Co-Autor von Tim Mälzer auch kulinarische Texte, Kolumnen und Reisereportagen schreibt, verewigte ihn in mehreren Erzählungen. Paul betriebt mit nutriculinary.com einen der meistgelesenen Food-Blogs im deutschsprachigen Raum.
Ich habe den Liebhaber feiner Gerichte vor einiger Zeit bei einer Recherche im Schnee Graubündens kennengelernt, wo wir bei der Eröffnung des St. Moritz Gourmet Festivals mehr hin- als hergerissen waren von den kleinen Kreationen, die Spitzenköche aus aller Welt dort für die angereisten Feinschmecker zubereitet hatten. Stevan Paul war mit dem Ort wohl vertraut, der sein Image vom 300-Seelen-Bergbauerndorf mit Sommerfrische zum mondänen Winterreiseziel der Hautevolee erst Mitte des 19. Jahrhunderts wandelte, als der Hotel-Pionier Johannes Badrutt eine Wette mit vier Engländern schloss und ihnen anbot, einen Winter lang gratis bei ihm in St. Moritz zu logieren und so lange zu bleiben, wie sie wollten. Sogar ihre Reisekosten wolle er ihnen bezahlen, wenn es ihnen nicht gefalle. Die Engländer nahmen die Wette an - und blieben von Weihnachten bis Ostern. Man erzählte es den Freunden und schon schnell kamen mehr gut betuchte Gäste, denen St. Moritz oft als erste Gemeinde der Schweiz bahnbrechende neue Technik präsentieren konnte, wie elektrisches Licht zu Weihnachten 1878 oder den ersten Motorflug 1910 und den ersten Skilift 1935. Stevan Paul kannte St. Moritz schon sehr gut, denn die Hamburger Kulturbehörde hatte ihn 2013 das Laudinella-Stipendium St. Moritz zugesprochen, das ihm im Dezember einen vierwöchigen Arbeitsaufenthalt als Ehrengast im Hotel Laudinella ermöglichte, in der er an seinem ersten Roman "Der große Glander" schreiben konnte, der, wie sollte es anderes sein, stark gastronomisch geprägt war und von einen Kunstkritiker handelt, der sich auf die Spuren des verschollenen Eat-Art-Stars Gustav Glander begibt. Darin geht er der Frage nach, was Essen zur Kunst macht. Ein leidenschaftliches Plädoyer für die Sorgfalt und das Authentische und eine Liebeserklärung ans Kochen. Die Suche führt den Kritiker auch nach St. Moritz und an andere Orte, die Paul gut kennt. |
Um wieder auf seine Ausbildung bei Boulay zurückzukommen. Auch dessen Apologet Tim Raue kochte in St. Moritz im feinen Kulm-Hotel auf. Nicht im Rahmen des Festivals, sondern im feinen "The K", das ihm Hoteldirektor Heinz E. Hunkeler als Pop-Up-Restaurant in seinem Haus erst einmal für ein paar Monate zur Verfügung gestellt hatte.
Doch zurück zu Stevan Paul. In seinem neuen im Münsterländer Hölker-Verlag erschienenen Buch widmet sich Paul der von ihm seit den 1990er Jahren sehr geschätzten japanischen Küche. Das sind überwiegend Ramen, Miso, Sushi und Sashimi, die grüne Küche Japans und der japanische Grill. In 80 Rezepten zeigt Stevan Paul wie die japanische Küche auch im Alltag gelingt. Er erklärt Klassiker und Grundlagen, serviert aber auch eigens für dieses Buch entwickelte Variationen und Inspirationen, die es auch deutschen Hobbyköchen ohne Japan-Laden um die Ecke ermöglicht, die Gerichte ohne große logistische Probleme zuzubereiten. Man braucht für viele der Gerichte einige spezielle japanische Zutaten, die man entweder im gut sortierten Asiamarkt oder online leicht findet. Auch einige der klassischen Supermärkte haben sich auf die Internationalisierung der heimischen Hobbyküche eingerichtet und bieten ihren Kunden sogar in der Provinz etliche der Grundzutaten. Angenehm ist, dass Stevan Paul sich gut in den Hobbykoch hineinversetzen kann und die Rezepte sehr übersichtlich geschrieben hat. Der Norditaliener Andrea Thode hat die Rezepte appetitlich in schönen Fotos fotografiert. Hilfreich sind auch die kulturellen Zusatzinformationen in den einzelnen Kapiteln. Dabei ermutigt Paul auch zum Experimentieren, denn mit ein paar Alternativen beim Würzen und Zubereiten öffnen sich dem Hobbykoch völlig neue Geschmackserlebnisse. Wer authentische japanische Küche schätzt, die man auch bei uns zubereiten kann, ist mit dem Band gut aufgehoben. Dazu gibt es auch die wichtige Warenkunde und Alternativen zu jedem Rezept, mit praktischen Einkaufstipps und Anleitungen zum Selbermachen.
Herausgekommen ist eine leichte und gesunde Küche, die Energie und Kraft schenkt – ganz einfach, Tag für Tag!
Stevan Paul, Meine japanische Küche - Rezepte für jeden Tag, Hölker-Verlag, Hardcover, 224 Seiten, ISBN 978-3881179515, 32 Euro |