Gries, Köln - Satirisches Handgepäck
Der Kölner lebt zwar in der Großstadt, aber eigentlich kommt er vom Dorf. Das Dorf heißt Veedel. Sülz ist das beste Beispiel dafür, dass der Kölner ohne die anderen Kölner prima klarkommt, denn dort koexistiert friedlich alteingesessener Kölscher Assi-Adel mit zugezogenen Unternehmensberatern und Fernseh-Redakteuren. Statt des IKEA-Katalogs findet man hier einmal im Jahr den neuen von Manufaktum im Briefkasten. Die Kinderwagen sind allesamt Nebenprodukte der Raumfahrt mit eingebautem GPS-Navi. Hier gibt es nicht nur tolle Kitas mit superengagierten Erzieherinnen, sondern auch einen Waldkindergarten (Waldorf kann jeder, aber Wald? Sülz rules!). Und auch an den besten Freund des Menschen ist gedacht: Es gibt sogar eine Huta - eine Hundetagesstätte, in der hochbegabte Mittelschichthunde in Fremdsprachenbellkursen Chinesisch für Pekinesen lernen können. |
Bei seinem Zug durch die Gemeinde geht es einmal um den rheinischen Globus und zurück: Vom Sonnenkollektoren-Bezirk Beverly Sülz durch die althippe Südstadt bis zum Plattenbau-Ghetto Chorweiler, von den Lebenskünstlern in Ehrenfeld zu den Überlebenskünstlern in Kalk, vom Nippeser Original bis zum Mülheimer Immi. Der einzige Maßstab in der Provinzstadt, die sich für eine Weltmetropole hält, ist Köln, denn Köln hat die Kathedrale des Größenwahns, den Dom. Und da geht es genauso zu wie im Karneval: Gläubige (Jecke), die ihren Gott anrufen (Alaaf), ihre Sünden zelebrieren (suffe, poppe, danze) und Buße tun (am Aschermittwoch ist alles vorbei). Der Kölner fühlt sich in seinem Veddel am wohlsten und verlässt es nur, wenn er muss. |
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(c) Magazin Frankfurt, 2024