Fussball-EM 2016
Kurze Rückblende an den Anfang. Denn eigentlich hatte diese Europameisterschaft keine Chance. Wie auch die Isländer keine Chance gegen die Engländer hatten, eigentlich. Geht man von dem aus, was anfangs gesendet, gemutmaßt, geunkt und geschrieben wurde, war klar, dass das Turnier scheitern musste. Ebenso wie klar war, dass Island niemals dieses Achtelfinale in Nizza gewinnen könne. Die besten Kicker aus 330.000 Insulanern gegen die talentiertesten der 53 Millionen Engländer was sollte da passieren? Sieg für Island? Es war bei Londoner Buchmachern wie Ladbroks oder William Hill eine aussichtslose Wette mit einer extremen Quote. Um einiges höher noch als jene, dass Britannien den Brexit vollziehen werde. Beides ist im Verlauf dieser EM geschehen. Wie überhaupt jeder, der eine Glaskugel daheim hatte, einen Schimpansen oder einen Tintenfisch mit der Begabung zum Orakel, viel mehr als nur das Futter hätte verdienen können. |
Wichtig für solche Sport-Wetten ist das Timing. Man hätte sie deshalb am ersten EM-Wochenende platzieren müssen, als die Stimmung nah am Weltuntergang balancierte. Die Sicherheitskräfte fahndeten nach Terror-Verdächtigen, nach Komplizen jener, die im November 2015 in Paris 130 Menschen getötet hatten. Doch aus dem Nebel der Bengalos tauchten ganz andere Gewalttäter auf, Hooligan-Touristen aus England und Russland, die blutige Bilder ihrer Schlacht im Hafen von Marseille ins globale Netz stellten. Gegen diese einschüchternde Kombination, Terrorangst und Fan-Schlachten, schien das Turnier anfangs nah vor der Kapitulation zu stehen. Doch es erholte sich, obwohl nicht der allerbeste Fußball zu beklatschen war. Wenn in Frankreich etwas fehlte, dann das sportliche Spektakel. Manche Stars waren müde, manche glücklos, manche lieferten aber auch starke Bilder wie Gareth Bale mit den Walisern oder Cristiano Ronaldo. Der musste am Ende verletzt zusehen, wie im Finale die Königswette stach. Wie Portugal, der Außenseiter, beim favorisierten Gastgeber den Titel entführte. |
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