Diyab, Von Aleppo nach Paris

Erst 1993 wurde in der Vatikanischen Bibliothek das Manuskript des Berichts einer Reise von Aleppo nach Paris im Zeitalter Ludwig XIV. entdeckt, in dem sich Orient und Okzident zu Beginn des 18. Jahrhunderts begegnen. Entstanden ist er, weil der französische Reisende Paul Lucas 1707 in Aleppo auf den zwanzigjährigen Hanna Diyb trifft und ihn einstellt. Diyab begleitet Lucas auf seiner Heimreise nach Frankreich, die sie von Aleppo über Tripolis, Saida, Zypern, Ägypten, Libyen, Tunis nach Livorno, Genua und Marseille führt, von dort durch das Rhonetal weiter nach Paris. Anschaulich und lebendig beschreibt Diyab Begegnungen und Gespräche, Karawanenzüge und Angriffe von Korsaren, er nimmt Legenden und Heiligengeschichten in seinen Bericht auf. Hanna Diyab wird in den Gemächern Ludwigs XIV. empfangen.

Die Beschreibung seines Aufenthalts am Hof und in der Stadt Paris gehört zu den Höhepunkten seines Reiseberichts. Dort trifft er auch auf den Orientalisten Antoine Galland, den Herausgeber und Übersetzer von Tausendundeiner Nacht, dem er, neben anderen, die Geschichten von Ali Baba und Aladdin erzählt, die dieser in seine berühmte Märchensammlung aufnehmen wird. Mit ihnen hat sich Hanna Diyab bereits vor über dreihundert Jahren anonym in das europäische Kulturgedächtnis eingeschrieben. Jetzt hat "Die Andere Bibliothek" das Verdienst, den Band bibliophil für den deutschen Leser herausgebracht zu haben. Er wurde aus dem Französischen übersetzt von Gennaro Ghiradelli unter Hinzuziehung der arabischen Handschrift und von diesem mit einem Vorwort versehen. Das Nachwort stammt von dem französischen Arabisten Bernard Heyberger und liefert Anmerkungen zur Sprache Hanna Diyābs.

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