“Asal Dardan traut sich, von den Zwischenorten zu erzählen, von der immerwährenden Suche nach Verortung, und sie stellt damit die dringenden Fragen an unsere Gesellschaft.” Lena Gorelik
Als Kind iranischer Eltern ist Asal Dardan in Deutschland aufgewachsen, die Erfahrung des Exils hat sie geprägt. In einer erhellenden Auseinandersetzung mit der deutschen Gesellschaft begibt sie sich auf die Suche nach einer gemeinsamen Sprache, nach der Überbrückung des ewigen Gegensatzes von „Wir“ und den „Anderen“. Immer ist ihr Blick überraschend, immer ist ihre Analyse scharfsichtig. Da ist das geflüchtete Kind, das Trost in Spitzwegs heimeligen Bildern findet, die auch Hitler so gut gefielen. Da sind die bürokratischen Rentenbescheide der sardischen Nachbarin, deren Inhalte niemand entschlüsseln kann. Da werden die Goldfische vom persischen Neujahrsfest in die Freiheit entlassen und eigene, neue Traditionen gewählt. Sprachlich brillant und stilistisch elegant schlägt die Autorin Bögen von der ganz persönlichen Erfahrung zum gesellschaftlich-politisch Brisanten und zeigt auf, dass Zusammenleben bedeutet, Differenz anzunehmen.Als Asal Dardan 1978 in Teheran zur Welt kam, spürte man dort bereits die weitverbreitete Unzufriedenheit vieler gläubiger Moslems mit dem Regime von Schah Reza Pahlevi, der versuchte das Land in ein westlich geprägtes Land unter seiner rigiden Herrschaft zu verwandeln. Das gefiel dem eoinflussreichen schiitischen Klerus gar nicht, der schon immer großen Einfluss auf den besonders ländlichen Teil der iranischen Bevölkerung hatte, der religiös und sehr konservativ war und diese westlichen Einflüsse ablehnte. Schon Ende des 19. Jahrhunderts begehrte er auf, als der damaliige Schah die Konzession für den gesamten Tabakhandel im Land an die britische Imperial Tobacco Corporation vergeben hatte. Schah Reza Pahlevi bediente sich auch gerne der britischen und US-amerikansichen Geheimdienste, um seine Macht zu stärken. Diese hatten interveniert, um weiterhin die iranischen Ölfelder ausbeuten zu können. Ajatollah Chomeini hatte man bereits in den 1960er Jahren erst verhaftet, , unter Hausarrest gestellt und schließlich in die Türkei abgeschoben, von wo er erst in den Irak und dann nach Frankreich ging, um dort vom Exil aus die Opposotion anzuführen. |
1979 übernahm er dann nach der Ausriese des Schahs, der die Unterstützung seiner westlichen Verbündeten verloren hatte, die Macht. Die Eltern von Asal Daran sahen sich durch diese Umbrüche auch gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen und fanden erst in Deutschland und dann in Schottland eine neue Heimat. Sie studierte Kulturwissenschaften in Hildesheim und Nahoststudien in Lund und schreibt als freie Autorin unter anderem für Zeit Online, die FAZ und die Berliner Zeitung. Außerdem arbeitet sie als freie Redakteurin und Autorin für das Online-Magazin was wäre wenn. Sie erhielt für einen ihrer Texte den Caroline-Schlegel-Preis für Essayistik. Nach Jahren auf der schwedischen Insel Öland lebt sie heute mir ihrer Familie in Berlin.
Ihre Essaysammlung Betrachtungen einer Barbarin mit ihren meist autobiographisch geprägten Essays behandelt Themen wie Herkunft, Fremdsein, Ausgrenzung und Rassismus aus einer sehr persönlichen Perspektive. Dardan äußert auch zu Fragen der Identitätspolitik und kritisiert die zögerliche Aufarbeitung der NSU-Morde. Das Buch wurde für den Deutschen Sachbuchpreis 2021 nominiert, der Mitte Juni in Berlin verliehen wird. Die Jury kommentierte die Aufnahme in die Shortlist hiermit: "Die Kulturwissenschaftlerin Asal Dardan, in Teheran geboren, in Deutschland erwachsen geworden, schreibt über das MenschSein: über Grunderfahrungen wie Migration, Flucht, Reisen und die Fremde. Dardan erzählt von vermeintlich uralten Familientraditionen, die man tatsächlich doch erst neu erlernen muss, und von rückwärtsgerichteten Etiketten, die einfach nicht passen, von Elternsprachen, die einem entgleiten und neuen Familien, die einem erwachsen. Scheinbar mühelos schlägt ihr eleganter Essay den Bogen von Land zu Land und Generation zu Generation, immer stilsicher, über Sprache reflektierend und mit ihr spielend. Damit eröffnet die Autorin nicht zuletzt auch eine wunderbare Alternative zu jenen starren Identitätsdiskursen, die Menschen fesseln, anstatt sie zu befreien."
Asal Dardan,Betrachtungen einer Barbarin, Hoffmann & Campe-Verlag, Hardcover, 192 Seiten, ISBN 978-3455010992, 22 Euro |