Cernilli, Der ultimative Weinführer Italiens 2020
Ohne Übertreibung darf man Daniele Cernilli seit Jahren einen der maßgeblichen Kritiker und Kommentatoren der italienischen Weinszene nennen. Er zählt zu den 50 einflussreichsten Personen in der Welt des Weins. 1986 brachte der Journalist Stefano Bonilli kurz vor Weihnachten die erste Ausgabe des Gambero Rosso als Beilage der linken Tageszeitung Il Manifesto heraus, mit der sich die geistigen Väter von Slow Food zu Wort meldeten. Es war eine spannende Zeit in Italien. Im Sommer hatte sich im piemontesischen Bra eine Gruppe um den Journalisten Carlo Petrini gebildet, die sich „Arcigola“ nannte, was man mit "Esslust" übersetzen könnte. Inzwischen hat sie ihren Namen in Slow Food umgewandelt und ist mittlerweile zu einer weltweit tätigen Bewegung für nachhaltigen Genuss gewachsen. Auslöser war der Vormarsch der Fast Food, die sich mit der Eröffnung einer McDonald’s-Filiale an der römischen Piazza Navona manifestierte. Petrini hatte als Gegengewicht ein öffentliches Spaghetti-Essen an der Spanischen Treppe organisierte, das das Interesse der Weltpresse erregte. Schon im kommenden Jahr kam der erste Führer Vini d'Italia auf den Markt, den Petrini zusammen mit Daniele Cernilli im neu gegründeten Gambero Rosso Verlag, der auch das gleichnamige Magazin herausbringt. Bis 2011 war Cernilli Chefredakteur beider Publikationen, bevor er den Gambero Rosso verließ, einige Zeit als Dozent der italienischen Sommelier Vereinigung tätig war und die Website www.doctorwine.it ins Leben rief. |
Es seien Abertausende von Weinen gewesen, die man dabei verkostet hate, die vorgestellten 1.184 Weingütern mit 2.949 Weinen seien also eine Auswahl der Besten. Im Buch stellt er die Arbeitsweise der Winzer, ihre Zuverlässigkeit über die Zeit und ihre Wichtigkeit für die Weinbauregion heraus, wobei er allerdings wohl nicht immer viel Zeit für die Recherche verwendet haben dürfte. Oft merkt man, dass es Informationen seitens der Weingüter sind. Anders als beim Gambero Rosso, der Topweine ähnlich dem Guide Michelin mit ein bis drei Gläsern bewertet hat Cernilli wie die meisten anderen Weinführer eine Skala von 1 bis 100 herangezogen. Weine mit mehr als 95 Punkten, dürfen mit dem DoctorWine Siegel vermarktet werden, Weine, mit denen Cernilli also durchaus sein Gesicht verlieren könnte. Damit jeder Weinfreund das Buch verstehen kann, verzichtet Cernilli meist auf unnötige Fachterminologie und beschränkt sich auf kompakte Infos zu den Weinen und ihren Machern. Für den deutschen Markt verzichtet man wegen der Transportkosten und der unterschiedlichen Preisgestaltung der Händler auf Marktpreise, sondern beurteilt. Bis 15 Euro gelten die Weine als preiswert, bei 40 Euro als angemessen, bis 80 Euro als teuer, bis 200 Euro als luxuriös und darüber als unschätzbar. Bietet ein Wein ein besonders gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gibt es ein Like. Erschreckend ist, dass dies in dieser Ausgabe nur bei 662 Weinen, also gut 20 Prozent der Fall ist, bei denen der Verkaufspreis bei Weinen über 90 Punkten unter 15 € und bei mehr als 85 Punkten unter 10 € liegen. Freunde italiensicher Weine sollten dann lieber einmal einen Blick in einer der deutschen Weinführer werfen, wo oft ein Großteil der Weine locker unter diesen Preisvorstellungen liegen. |
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(c) Magazin Frankfurt, 2024