Unterwegs im Bioparadies Salzburger Land
Das Salzburger Land hat kulinarisch einiges zu bieten. In und um Salzburg schrauben sich die Wege der Via Culinaria durch die vielfältigen Landschaften und verbinden – wie Perlen auf einer Kette – gastronomische Vorzeigebetriebe, mit denen das Land reichlich versorgt ist. Doch nicht immer geht der dabei zu erwartende Genuss einher mit biologischen oder nachhaltigen Angeboten. Sicher- das Salzburger Land gehört zu den echten Vorreiter in Sachen „Bio“. Nirgendwo in Europa ist der Anteil an Bio-Bauern so hoch wie hier: Über 50 Prozent aller Landwirte haben sich aus Respekt vor Mensch, Tier und Natur für die ökologisch verträgliche und nachhaltige Arbeitsweise entschieden und viele Betriebe sind eher handwerklich als industriell ausgelegt. |
Doch nicht jeder möchte sich den strengen Regelwerk unterwerfen, dass vielfach mit dem biologischen Gütesiegeln verbunden ist. |
Die Anreise
Wie es sich geziemt als nachhaltig denkender Reisender haben wir die Bahn für die Anreise gewählt, mit der man aus Frankfurt die Kulturstadt Salzburg in knapp sechs Stunden mit direkten Zügen oder schnellen Umsteigeverbindungen in München erreicht. |
Mit dem Sparpreis zahlt man dabei pro Strecke 49 Euro, wer es etwas komfortabler möchte, kann für 59 Euro den Sparpreis erster Klasse nutzen. Für das Geld fährt kein PKW. Von dort ist man in 40 Minuten mit dem Bus in Seeham. |
Zu Gast im Bio-Hotel
Wenn man in ein Bioparadies fährt, sollte auch Hotel dazu passen. Die Initiative Bioparadies gibt dabei Hilfestellung, damit der bewusste Genussmensch garantiert auf den Geschmack kommt. Vom blauen Schmetterling, der Gastgeber auszeichnet, bei denen der Gast zumindest in den Genuss des Salzburger Bio-Frühstücks mit Köstlichkeiten aus heimischer, kontrolliert biologischer Landwirtschaft kommt, über den grünen Schmetterling, der auf die Möglichkeit verweist, sich ganztägig biologisch zu ernähren bis hin zur „Königsklasse“, den Herbergen mit dem orangen Schmetterling, bei denen ausschließlich biologische Lebensmittel serviert werden. |
Dabei zieht sich der Bio-Gedanke durch alle Bereiche des 13-Zimmer-Hotels. Die Produkte, mit denen gekocht wird, stammen großteils von Bio-Bauern aus der Umgebung und heimischen Erzeugern und die Tiere des Biobauerhofes grasen vom Frühjahr bis in den Herbst auf eigenen Wiesen rund um das Hotel und produzieren köstliche Biomilch. Der heimische Wald ist Energielieferant für die Hackschnitzelheizung. |
Zu Gast beim Schützenwirt
Vom Schiessentobel mache ich mich auf den Weg zum Bio-Gasthaus und Bio-Restaurant Schützenwirt im malerischen St. Jakob am Thurn auf der anderes Seite von Salzburg. Das Lokal zählt zu den bemerkenswerten Salzburger Kulinarik-Adressen, das sich abseits des Mainstreams zu einem Leitbetrieb in Sachen Bioküche entwickelt hat, auf Zusatzstoffe vollständig verzichtet und mit dem Jakobsgold auch ein eigenes Bier aus reinem Quellwasser brauen lässt. |
Wenn der Gast versteht, dass biologische Ernährung nicht Verzicht bedeutet, sondern sich bewusst mit dem Besten zu ernähren, das die Natur zu bieten hat, dann hat sie ihr Ziel erreicht. |
Beim Joglbauer in Obertrum
Zurück ins Seenland geht’s durch Salzburg zum Joglbauer in Obertrum. Der Erbhof ist schon ein Vierteljahrtausend im Familienbesitz. Seit 1979 bewirtschaften die Hofers 40 ha organisch-biologischen im Verband "Bio Austria" . Von Streuobstwiesen werden Äpfel, Birnen und Zwetschken geerntet und zu Essig und reinsortigen Mosten und Bränden verarbeitet. Man backt selbst und stellt auch den Käse selber her. |
Im Hofladen haben Andreas und Maria Hofer ein breites Angebot an regionalen Produkten in dem traditionellen Flachgauer Bauernhaus mit seiner gemütlichen Wohnküche und der gediegenen Bauernstube, wo man bei einer gemütlichen Tasse Kaffee süße bäuerliche Schmankerln genießen kann. Wer - wie ich - besonderes Interesse hat, dem geben die Hofers auch gerne eine ausführliche Führung durch den Betrieb, bei dem man die Wiesen und die Herstellung kennenlernt. |
Seeham und die Geierwally
Das Herz der Seehamer schlägt im „Bio-Rhythmus“. Vier von fünf Landwirten haben sich mit Leib und Seele der biologischen Landwirtschaft verschrieben. Auch Bürgermeister Peter Altendorfer ist Bio-Bauer und mischt beim BioParadies SalzburgerLand kräftig mit. Seinen Ort hat er ganz auf Bio getrimmt, vom Bioladen bis hin zur Barrierefreiheit am Badestrand. Heute Abend ist er allerdings doch etwas aufgeregt, denn hauf der Seebühne des Orts steht die Premiere der „Geierwally“ auf dem Programm – der Höhepunkt des Festspielsommers – und sicherlich eine Alternative zu den kaum bezahlbaren Angeboten in Salzburg. |
Doch es soll gut ausgehen, zwar nicht im Stück um die rebellische Wally, die sich gegen die Bevormundung durch den störrischen Vater zur Wehr setzt, doch für die Darsteller, die das Stück mit archaischer Kraft packend umsetzen und viel Applaus bekommen. |
"Thurerhofs Kräuterwelt"
Auch bei der Fortbewegung vor Ort kann man nachhaltig handeln. Das kleine Werfenweng war schon vor vielen Jahren einer der Vorreiter der nachhaltigen Verkehrskonzepte und brachte die Alpine Perls auf den Weg und heute kann man vielerorts im Salzburger Land mit E-Bikes die Landschaft erkunden, auch wenn man nicht sehr sportlich ist. Eine Tour durch das malerische Salzburger Seenland lohnt immer. Ohne Anstrengung und mit viel getankter Frischluft kommt man so zur „Thurerhofs Kräuterwelt“, dem Bio NaturSchaugarten der Familie Dirnberger. |
Bei der Kräuterführung durch den hauseigenen großen BioNaturgarten lernt man die Schätze der Natur kennen und wandert barfuß vom Erkältungshügel zum Frauen- und Entspannungshügel, weiter zum Männer- und Hacklerhügel bis zur Räucherecke. Europa statt Asien ist da Programm, denn Claudia Dirnberger ist ausgebildete Praktikerin für Traditionelle Europäische Heilkunde und kann hervorragen erzählen, wie man die Pflanzenwelt als Hausapotheke nutzen kann. Freuen Sie sich auf eine gemütliche Verkostung der von Frau Dirnberger selbst hergestellten kleinen Köstlichkeiten. |
Auf Sagenwanderung im Teufelsgraben
Hinterher wartet schon Hans Greischberger auf mich, der mir auf einer Sagenwanderung durch das Öko-Kultur Projekt Teufelsgraben, das ich schon am ersten Abend kennengelernt hatte, die mystisch, mythologische Erlebniswelt offenbart, in der man mit allen Sinnen erleben, genießen und sich erholen kann. Er erzählt die Geschichte seiner Vorfahren. „Es begab sich vor nicht allzu langer Zeit, dass der Aicherbauer, so lautet der Name des Hofs der Greischbergers, mit dem Traktor zum Holzarbeiten in den Teufelsgraben fuhr. Dort wollte er einen großen alten Baum umschneiden, an dem schon seit längerer Zeit der Specht geklopft hatte. Insgeheim war es ihm aber Leid um einen so schönen alten Baum, der wohl schon an die 150 Jahre alt war. |
Sogleich setzte der Bauer die Motorsäge an und begann seine Arbeit. Der Baum ließ sich aber nicht schneiden und die Kette prallte vom Stamm ab. "Komisch", dachte der Bauer, "was ist denn da los?" "Das kann ich dir sagen. ", hörte er plötzlich eine Stimme. Erschrocken schaute der Aicherbauer auf. Da bemerkte er plötzlich eine Baumspalte, die er vorher noch nie gesehen hatte. Aus dieser kam ein kleines hölzernes Männlein herangelaufen. "Der Baum lässt sich erst umschneiden, wenn du versprichst... Wie es weitergeht erzählt der Bauer nur bei der Sagenwanderung durch den Teufelsgraben, wo man die Geschichte bis zum Ende hören kann. Neben den Führungen macht Greischberger auch kleine Holzstöckerl zum Spielen – ein nettes Mitbringsel. |
Von der Dichtalm zum Gourmet-Dinner
In Neumarkt liegt der „Dichtlhof“ der Familie Krenn, die ihn seit 30 Jahren biologisch bewirtschaftet und das Brot nach alten Rezepten in der Backhütte aus eigenem Getreide backt. Oben auf dem Berg liegt die dazugehörige Dichtlalm, zu der wir dann mit der Kutsche fahren und dort die herrliche Aussicht in den Flachgau beim Probeliegen in der Wiegeliege genießen. |
Nach vielen Jahren in der in- und ausländischen Spitzengastronomie hat Emanuel und seine Frau Susanne ihre Ideen und Kenntnisse im eigenen Restaurant umgesetzt. Kunstvoll, leicht und intensiv – aber immer auf der Suche nach neuen geschmacklichen Herausforderungen – so lässt sich seine kreative Küche wohl am besten beschreiben. „Wir arbeiten nicht nur mit ausgewählten Kräutern, Blumen und Früchten, unsere internationalen Eindrücke verschmelzen in unserem Restaurant zu Speisen mit ungewöhnlichen Kreationen: Lamm mit heißer Schokolade und Chili, Eierschwammerl-Ravioli mit rohem Lachs und Tabak, oder eine Wallersee-Reinanke in feinem Kokosmilch-Sud sind Ausdruck unseres kulinarischen Verständnisses.“. Das hört sich nicht nur gut an, sondern schmeckt auch entsprechend. So kann ich mich am nächsten Tag gut gestärkt und zufrieden zurück auf die Heimreise begeben. |
(c) Magazin Frankfurt, 2024