Erkundungstour zwischen Belfort und Dijon

Der Löwe von Belfort

Pixabay CC0

Die Stadt mit dem Löwen

Den ersten Kontakt mit Belfort hatte ich im Schulunterricht, als uns der Lehrer die „Burgundische Pforte“ vorstellte, diesen nicht sehr weiten flache Sattel, der auf einer Höhe von rund 400 Metern Vogesen und Jura ebenso verbindet, wie das zur Nordsee führende Rheintal mit den über Ognon und Doubs als Zuflüsse des zum Mittelmeer führenden Tals der Saône. Normalerweise bilden die Alpen die natürliche Grenze zwischen Mittelmeer und Mitteleuropa. Außer ein paar hohen Pässen gibt es dort kein Durchkommen für Pflanzen und Tiere aus dem Süden, auch das Wetter reagiert sich stets an der Alpenbarriere ab, ohne sie mit voller Fracht passieren zu können. Neben dem Wiener Becken das einzige Einfallstor für Wetter, Tier- und Pflanzenwelt zwischen Mittelmeer und dem Norden.

Winzer in Südwestdeutschland sind glücklich mit dieser Fügung des Schicksals, denn dadurch rutscht Baden als einzige deutsche Weinbauregion von der kühlen Zone A zusammen mit dem gegenüberliegenden Elsass in die wärmere Zone B der europäischen Weinbauzonen. Maßgeblich sorgt dafür die mediterrane Luft aus dem Rhonetal, die durch diese Burgundische Pforte strömt. Die Pforte verbindet auf direktem Weg das französische Mülhausen mit Besançon, vorbei an Belfort und Montbéliard.

Seit ein paar Jahren ist Belfort und die ganze Region Burgund Franche Comte durch die Schnellzugverbindung für den TGV noch enger an Deutschland herangerückt und in gut 3 ½ Stunden ist man von Frankfurt aus dort. Wie vielerorts in Frankreich liegt der Bahnhof einige Kilometer außerhalb der Stadt auf halber Strecke nach Montbéliard und man erreicht die Stadt selbst mit einem Zubringerzug oder dem Taxi.

Die Altstadt inmitten der historischen Stadtmauern lädt ein zu einem Bummel zwischen Zitadelle und dem Fluss Savoureuse, bei dem man sich dem Charme dieser geschichtsträchtigen Stadt hingeben kann. Im Zentrum liegt der „Place d’Armes”, größtenteils Fußgängerzone, bietet er abends die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen, an dem offenen, im Sommer oft bespielten Musikpavillon zu flanieren oder vor einem der zahlreichen Cafés und Weinstuben die Passanten zu beobachten. Wer Kontemplation sucht, findet diese am Platz in der mit ihren mächtigen Säulen aus rosa Sandstein an einen Tempel erinnernden Kathedrale St. Christophe aus dem frühen 18. Jahrhundert. Im Inneren findet man eine monumentale Orgel, die unter Denkmalschutz steht.

Seine Lage verschaffte Belfort schon früh eine große strategische Bedeutung. Bis zum Westfälischen Frieden 1648 gehörte es zum habsburgischen Sundgau, später zu Frankreich. Der Sonnenkönig Ludwig XIV. gab 1686 seinem Festungsbaumeister Vauban den Auftrag, die Zitadelle der Stadt zur mächtigen Festung auszubauen, die als Glied des „Enceinte du fer“, des eisernen Gürtels und des „Pré carré“ das Land nach außen abzusichern. Vauban ummauerte die alte Stadt und noch heute kann man viele der wehrhaften Türme sehen. Anders als Vaubans Festungsanlagen in Besançon, wurde Belfort nicht in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen, die zwölf beispielhafte und gut erhaltene Festungen auszeichnet.

Die frühe Absicherung tat gute Dienste und gilt als uneinnehmbar, als sich die Stadt von Dezember 1813 bis April 1814 fast vier Monate lang von der Koalitionsarmee von Österreich, Bayern und Russland belagert wurde. Ein Jahr später leistete General Lecourbe mit 8.000 Mann erfolgreich einer Armee von 40.000 Österreichern Widerstand und im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 widerstand Oberst Pierre Marie Philippe Aristide Denfert-Rochereau 103 Tage lang den preußischen Belagerern, bis der Befehl seiner Regierung ihn zwang, Festung und Stadt den feindlichen Truppen zu übergeben, die die Festung teilweise schleiften. Nach dem Fall von Paris war es eine der beiden letzten wehrhaften Bastionen Frankreichs gewesen. Im folgenden Frieden von Frankfurt annektierte das Deutsche Reich dann zwar Elsass und Lothringen, nicht aber das historischen zum Sundgau gehörende Territoire de Belfort. Vielleicht liegt es daran, dass der als „großer Schweiger“ bekannte erfolgreiche preußische Feldmarschall Moltke den Verzicht mit den Worten kommentiert: „Auf die Festung haben wir verzichtet, weil der Sieger im Siege Mäßigkeit an den Tag legen muss“.

Doch generös war dieser Verzicht kaum. Bismarck wollte eine Grenze, die sich an der gesprochen Sprache orientierte, um die internationale Akzeptanz zu erhöhen und Frankreich von einer späteren Revision abzuhalten. So entstand letztendlich aus dem abgetrennten südlichen Sundgau vor 100 Jahren das französischsprachige Territoire de Belfort, mit seinen 610 Quadratkilometern das nach Paris das kleinste Departement Frankreichs.

An den Verteidigungskampf im Deutsch-Französischen Krieg erinnert vor dem Felsen mit der Zitadelle der prächtige Löwe, „furchterregend in seiner wütenden Raserei“, wie ihn sein Schöpfer Auguste Bartholdi plante. Bartholdi hatte sich bereits als Schöpfer der New Yorker Freiheitsstatue einen Namen gemacht und wollte damit den an eisernen Widerstand der Stadt erinnern. Heute ist Frankreichs höchstes steinernes Denkmal DAS Wahrzeichen der Stadt, 11 Meter hoch und doppelt so lang, aus Vogesensandstein gefertigt. Erst sollte er grimmig nach Westen blicken, doch um das Deutsche Reich nicht unnütz zu provozieren, blickt er jetzt gen Westen. Einige Zeit war er unter einer Schicht von Abgasen quasi verschwunden, die als Folge der Industrialisierung Stadt und Umgebung einhüllte. 2019 hat man ihn gründlich gereinigt und wenn er nachts angestrahlt wird, ist er der erklärte Wächter der Stadt.

Durch das „Porte de Brisach”, das letzte noch erhaltene Tor der Befestigung, gelangt man hinauf zur Zitadelle. Das Tor war der einzige Zugang und Treppen und Pflastersteine führen von der Altstadt in wenigen Minuten hinauf zum Cour d’honneur. Durch einen Tunnel und über eine Zugbrücke erreicht man diesen Ehrenhof, auf dem man eine Pause einlegen und mittags im Café-Restaurant die traditionelle Küche der Franche-Comté probieren kann. Von der Terrasse bietet sich ein schöner Panoramablick über die Festungsanlagen, die Stadt und die umgebenden Berge, Wiesen und Wälder. Der Gewölbekeller „Grand Souterrain” war einst der Burggraben, den Vauban beim Bau überdachte. Ein Besuch ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Im Fall der Verteidigung wehrten dort unten mehr als 1.000 Soldaten die Belagerer ab – zum Glück heizten in den kalten Wintermonaten mehrere große Öfen richtig auf.

Auch im 21. Jahrhundert ist die Zitadelle das beherrschende Bauwerk der Stadt, die man heutzutage auch digital mit dem eigenen Smartphone oder einem vor Ort geliehenen Tablet erkunden kann. Dabei bietet sich dem Besucher im Schlosshof oder vor der Kaserne ein ganz neuer Blick durch die Jahrhunderte, bei dem er erfahren kann, wie sich die Anlage im Laufe der Zeit verändert hat. Filme, Rekonstruktionen und Augenzeugenberichte lassen die früheren Zeiten wieder auferstehen.

Unten in der Altstadt geht es weiter zum „Place de la Grande Fontaine” und zum „Place de la Petite Fontaine” mit ihren beiden hübschen Brunnen. Sie stehen unter Denkmalschutz und waren einst die einzigen Trinkwasserquellen der Bürger in der ummauerten Altstadt. Shopping-Queens und Feinschmecker setzen dort Ihre Reise durch die Straßen von Belfort fort, um Leib und Seele mit Sushi oder leckerer französischer Küche zufrieden zu stellen.

Ganz modern wohnt man im 4-Sterne Novotel Belfort Centre Atria ein paar Fussminuten von der Altstadt entfernt, wer es traditionell liebt, checkt inmitten der Altstadt ein im eleganten Grand Hotel du Tonneau d’Or, wo dem Gast neoklassizistischer Charme mit modernsten Zimmern entgegenschlägt. Eine prächtige Treppe führt vorbei an den filigranen Jugendstil-Fenstern von Jaques Gruber aus Nancy, der in Paris die Kuppel der Galerie Lafayettes entwarf.

Ronchamp

Pixabay CC0

Ronchamp und seine berühmte Kapelle

Nur wenige Kilometer westlich von Belfort verlässt man schon das kleine Territoire de Belfort und erreicht das Departement Haute-Saône, das seinen Namen von dem gleichnamigen wichtigen Rhone-Zufluss hat, der dort entspringt. Rund 20 Kilometer westlich, kommt auf dem Hügel bei Ronchamp die 1955 eröffnete und von Le Corbusier erbaute Kapelle Notre Dame du Haut in Sicht, die schon seit seiner Erbauung als einer der wichtigsten Architekturikonen Frankreichs gilt. Der französisch-schweizerische Architekt schuf damit eine der berühmtesten Kirchen der Moderne. Eine spannende Raumgliederung und zahlreiche visuelle Metaphern hatten Vorbildcharakter und so wundert es nicht, dass die Kapelle seit 2016 offiziell zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Mit ihrem Sichtbeton gehört sie zum sogenannten Brutalismus. Ronchamp hatte bereits eine lange Tradition als Marien-Wallfahrtsort und nachdem der letzte Vorgängerbau im Zweiten Weltkrieg einem Angriff der Alliierten zum Opfer fiel, konnte man 1950 Le Corbusier nach einigem Zureden für den Neubau gewinnen.

Die Kapelle hat einen rund 30 mal 40 Meter großen, asymmetrischen Grundriss, wobei der Architekt eine kombinierte Außen- und Innenkirche entwarf, die im Inneren 200 Menschen und mit dem im Osten gelegenen Freiluftaltar bis zu 1200 Personen Platz bot. Beeindruckend sind die massiven Betonwände mit ihrem weißen, sehr grobkörnigen Verputz. Teilweise hat die Wand eine Stärke von 2,72 Metern. Konkav und konvex geformt, rollt sie sich zwischen zwei Türmen scheinbar ein.

Der normale Eingang liegt dazwischen. Der Beton ist nach Süden hin durch 27 rechteckige Fenster mit farbigen Glas durchbrochen, zu denen Schächte durch den Betonkörper führen. Dort befindet sich auch die schön von Le Corbusier nach Vorlagen von André Maisonier emaillierte massive Haupttür, die nur an Pilgertagen geöffnet wurde. Rund um das Gebäude finden sich Unterkünfte für die Pilger und den Kaplan.

Wenn man den Bau sieht, ist man sofort verwundert über die Dachkonstruktion. Sie besteht aus zwei Betonschalen und ist einer Krebsschale nachempfunden. Wie ein Hut ragt sie zum Teil über die Außenwand hinaus. Im Inneren wirkt es wie ein durchhängendes Tuch. Es liegt nicht auf den Wänden auf, sondern wird von Stahlbetonpfeilern gehalten, die sich in den Mauern verstecken.

Als ich in den späten 70er Jahren die Kirche zum ersten Mal besuchte, hielt sich der Besucherstrom in Grenzen, was sich auch durch die Einstufung als UNESCO-Weltkulturerbe änderte. Wegen der steigenden Zahl an Menschen gab man Erweiterungsbauten an den italienischen Architekten Renzo Piano in Auftrag, der ein Besucherzentrum und ein Klarissenkloster entwarf. Nach einer heftigen Kontroverse, dass die Neubauten der Kirche nicht zu nahekommen durften, entstand so 2011 ein Empfangsgebäude für die jährlich rund 80.000 Gäste und ein kleines Klarissinnen-Kloster mit zwölf Zellen. Sehr diskret sind sie so weit in den Hügel eingegraben, dass man sie von der Kirche aus nicht sieht.

Luxeuil-les-Bains

Pixabay CC0

Luxeuil-les-Bains ein alter römischer Badeort

Schon die alten Römer erkannten einige geothermische Vorteile der von ihnen eroberten Region Galliens: die Thermalquellen. Gut 30 Kilometer nordwestlich von Ronchamp erreicht man das an den Ausläufern der Vogesen gelegene Luxeuil-les-Bains. Inmitten von Laubbäumen kann die kleine Stadt auf ein reiches architektonisches Erbe setzen mit malerischen Stadthäusern aus dem 15. und 16. Jahrhundert, wie dem "Spanischen Haus", dem "Vogtshaus", dem heute das Fremdenverkehrsamt des Ortes beherbergende Renaissance-Haus des aus dem Ort stammenden Cardinal Jouffroy mit seinem Balkon, dem ältesten Steinbalkon Frankreichs oder das mit Arkaden geschmückte „Haus Francois I.". Anders als der Name vermuten läßt, ist damit nicht der bekannte französische König gemeint, sondern François de la Palud, der erste auf diesen Namen hörende Abt des Klosters.

Im achteckigen gotischen Turm Échevins, den Jouffroys Neffe Henri im Flymboyant-Stil errichten ließ und von dessen Spitze man nach 146 Stufen einen herrlichen Blick auf die Stadt und ihre Umgebung bis hin zu den Schweizer Alpen hat, befindet sich heute, nach langer Zeit der Nutzung als Rathaus der Stadt, seit 1865 das Archäologische Museum, eines der ältesten Museen Frankreichs.

Man kann heute die geschichtlichen Stätten auf einem rund 90 minütigen geführten Rundgang, der an den Thermen beginnt, via Smartphone erkunden

Schon die Kelten kannten und nutzen die 63° C heißen Quellen, die dann von den Römern übernommen wurden. Aus dem 17. Jahrhundert stammt das Thermalgebäude aus dem für diese Gegend so typischen rosa Sandstein der Vogesen. Reich an Spurenelementen dient es heute für gynäkologische und rheumatische Kuren, zur Entspannung bei Rückenschmerzen und zur Pressotherapie.

Uralt ist die Abtei von St. Peter und Paul, die auf den iroschottischen Missionar Columban zurückreicht, der sie Ende des 6. Jahrhunderts gründete und die wenig später unter den Merowingern und später nach der Vertreibung der Sarazenen unter den Karolingern mit Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen ihre Blütezeit erlebte. Das Kloster wurde zur Keimzelle der Missionierung der Bajuwaren.

Die heutige Kathedrale stammt aus der Gotik und wurde im 19. Jahrhundert von Eugène Viollet-le-Duc im Auftrag Napoleons III., der dort zusammen mit Kaiserin Eugénie eine Kur genoss, zusammen mit dem schönen Maison Francoise I. gründlich restauriert. Der Kreuzgang aus dem 15. Jahrhundert und andere Bauteile aus dem 17. und 18. Jahrhundert sind noch erhalten. Bei Bauarbeiten auf dem zentralen Place de la Republique, auf dem bis zur Französischen Revolution die Kirche Saint-Martin stand, machte man eine unerwartete Entdeckung, als man auf rund 150 gut erhaltene Sarkophage aus der Antike und der Zeit der Merowinger stieß, die man seit letztem Jahr vor Ort im überdachten Ausstellungscenter L’Ecclesia Cite patrimoine als neuem Highlight der Stadt besichtigen kann.

Ein Bummel durch die gemütliche kleine Stadt mit seinen zahlreichen Bürgerhäusern ruft Erinnerungen hervor. Als der Amerikaner Philip Kaufman 1988 Milan Kunderas Roman „Die unerklärliche Leichtigkeit des Seins“ verfilmen wollte, der in Prag und einem heruntergekommenen tschechischen Kurort spielt, versagte man ihm den Dreh in der Tschechoslowakei, da Kundera seine Heimat nach einer Abrechnung mit dem Kommunismus verlassen hatte. Für einige Szenen diente das alte Thermalbad als Kulisse. In den Metzgerläden der Stadt sollte man den lokalen Jambon de Luxeuil probieren. Der Schinken stammt von Schweinen der Region und wird zunächst in einem Salzbad aus mit Wacholder, Pfeffer und Beeren aromatisierten Rotwein langsam mazeriert und dabei regelmäßig mit Salz eingerieben. Dann trocknet er einen Monat an einem kühlen Ort auf Korbgestellen, bevor er in einer der für die Franche-Comté typischen Tuyé mit Sägemehl von Nadelbäumen oder Wildkirschen sanft geräuchert wird und weitere sieben bis acht Monate geduldig reift und trocknet. Schon die gallischen Sequaner nutzten vor über 2.000 Jahren diese Technik. Als 58 vor Christus Cesar und die Römer kamen, wurde die Schinkenspezialität ein beliebtes Mitbringsel für die Heimat.

Montbeliard

2011-09-16 12-52-14-chateau-montbeliard

Montbéliard - Das württembergische Mömpelgard

Ein paar Kilometer südlich von Belfort ist man bereits im Departement Doubs, dass seinen Namen dem gleichnamigen malerischen Saône-Nebenfluss verdankt, der auf einer längeren Strecke die Grenze zur Schweiz bildet. Besucher von Freudenstadt im Schwarzwald kennen zweifellos die im dortigen Zentrum um den riesigen Marktplatz vorherrschenden Bauten des württembergischen Renaissance-Architekten Heinrich Schickhardt, Der Hofbaumeister gilt als einer der wichtigsten Baumeister der Hochrenaissance und zahlreiche Schlösser, Herrenhäuser und Repräsentativbauten in Württemberg gehen auf ihn zurück. Auch Montbéliard, dass damals auf den hübschen Namen Mömpelgard hörte, gehörte bis 1793 400 Jahre lang zu Württemberg und Schickhardt baute dort neben anderen bedeutenden Bauten das Renaissance-Schloss in der Stadtmitte, das Vogtshaus und mit dem Temple Saint-Martin, die erste lutherische Kirche in Frankreich.

Dominiert wird der Ort vom Schloss der Herzöge von Württemberg mit seinen zwei großen Rundtürmen, die ein Museum für Archäologie, Geschichte und Naturgeschichte beherbergt. Im Zentrum der Stadt steht am Platz Saint-Martin neben der bereits erwähnten Kirche auch das Rathaus, das Haus Forstner oder noch das Patrizierhaus Beurnier-Rossel und sein Kunst- und Geschichtsmuseum.

Auch Montbéliard hat eine gastronomische Spezialität: die Saucisse de Montbéliard, die etwas an die Ahle Worscht in Nordhessen erinnert. Auch sie geht zurück auf die Zeiten der Sequaner und die von lokalen Schweinen gewonnen Wurst echtem Kümmel gewürzt und zur Konservierung mit harzigem Sägemehl geräuchert wird.

Im Mittelalter fanden im Ort Messen statt, auf denen die Würste verkauft wurden, die von den Bauern des umgebenden Hochlands in den Tuyés ihrer Höfe geräuchert und gelagert wurden. Für die Fütterung der Schweine verwendete man dabei die Molke aus der Milchproduktion der berühmten Käse der Franche-Comté, dem Comté, dem Morbier und dem Mont d’Or. Diese besondere Masttradition dient beiden Sektoren und ist zudem ein Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und mehr Nachhaltigkeit

Schon 1977 gründeten die Produzenten die Bruderschaft Confrérie des compagnons du Boitchu, die das Brauchtum pflegt und ihre auf diese Weise produzierte Wurst 2013 in den Rang eines IGP-Produkts aufsteigen ließ. Für die Produktion wird mageres und fettes Schweinefleisch aus der Region durch den Wolf gedreht und gemischt, mit Kümmel, Salz und Pfeffer gewürzt und ohne weitere Zutaten im Naturdarm gefüllt und dann langsam mit Tannen- oder Fichtenholz sechs Stunden bis fünf Tage kaltgeräuchert. Man erkennt die feste und bernsteinfarbene Wurst an ihrer schlanken, leicht gebogenen Form, bei der die Flecken die Fleischteile durchschimmern lassen. Man kann sie kalt genießen oder in einem mit Wasser gefüllten Topf gut 20 Minuten erhitzen.

Peugeot-Museum

(c) Michael Ritter

Sochaux - Wiege von Peugeot

Sochaux, ein Vorort von Montbéliard, war die Geburtsstätte des heute drittgrößten europäischen Autoherstellers Peugeot, der seit 2021 unter dem Namen Stellantis firmiert. 16.000 Menschen arbeiten dort und machen es zum größten Werk des Unternehmens in Frankreich.

Nicht nur für Automobil und Technikfreunde absolut lohnend, ist des Besuch des Musée de l’Aventure Peugeot, in dem man schnell lernt, dass Autos nicht Alles sind, was der Konzern produziert. 1988 eröffnet und später vergrößert, zählt es mit fast 60.000 Besuchern im Jahr zu den Highlights der Franche-Comté.

Als Gründer des Autoherstellers gilt Armand Peugeot, der 1849 in Herimoncourt, einem Dorf in der Umgebung zur Welt kam. Unternehmerisch war seine Familie schon seit dem 15. Jahrhundert tätig, hatte später eine Wassermühle und eine Eisengießerei, die zur Grundlage der späteren Aktivitäten wurde und Uhrfedern, Korsettstangen und verschiedenste Werkzeuge, wie Metallsägen, Sägeblätter, Bügeleisen und Kaffeemühlen herstellte. Armand hatte in England studiert und dort das Fahrrad kennengelernt. Das war in Form der Draisine schon 1817 vom badischen Forstbeamten Karl von Drais erfunden worden, doch fehlten in weiten Teilen Deutschlands außer im badischen Südwesten ausreichende für den Gebrauch seine Laufmaschine geeignete Wege, da der dafür benötigte Makadam sich erst langsam nach Nordosten verbreitete.

Peugeot erkannte die Vorzüge und den technischen Fortschritt des Fahrrads, stellte es zusammen mit seinem Vatter Eugène in der Familienwerkstatt her, machte es auf dem Kontinent bekannt und produzierte Ende der 1880er Jahre schon fast 20.000 Stück. 1889 präsentierte er dann auf der Pariser Weltausstellung das erste dampfgetriebene Dreirad und wurde damit zum Pionier und Visionär des Automobilbaus. In den folgenden Jahren ging es steil bergauf. Nach einer Fabrik in Audincourt entstand Anfang des 20. Jahrhunderts das Werk in Sochaux.

Schon 1891 nahm Peugeot, damals noch mit einem Daimler-Motor, seinen ersten Stahlrad-Wagen erfolgreich bei der Radfahrt Paris-Brest-Paris teilnehmen. Danach gab’s eigene Motoren, die Peugeot zum zweitältesten Autohersteller der Welt machten, die noch im selben Jahr in Serienproduktion gingen. Im Museum mit angegliederter Brasserie mit eigener Brauerei findet der Besucher auf 8.000 Quadratmetern Ausstellungfläche 130 Autos, 50 Fahr- und Motorräder und über 1.000 andere Produkte aus der breiten Palette, die Peugeot zwischen 1890 und heute hergestellt hat. Der Museumsbesuch ist wie eine Reise durch die Jahrhunderte, gleichsam wie mit einer Maschine, die uns in eine frühere Zeit versetzt.

Die Echellets de la Mort

(c) Michael Ritter

Die Échellets de la Mort Klettern mit Todesleiter

Viel ist nicht los, in diesem abgelegenen Tal des Doubs, der hier die Grenze zur Schweiz bildet. Da es keine Brücke über den Doubs gibt, liegt es etwas am Rand. Vielleicht liegt es aber auch an dem Dauerregen, der auf uns niederprasselt. In Sochaux habe ich mit zusammen mit einem Kollegen einen Peugeot geschnappt und wir haben uns auf den Weg zum nächsten Ziel gemacht. Nach einem kurzen Stück auf der Autobahn geht es hinein in die Berge und nach gut einer Stunde erreichen wir auf einer kurvigen und engen Straße hinunter ins Tal den Grenzfluss.

Échellets de la Mort, Leiter des Todes nennt sich der beeindruckende Klettersteig in der Nähe des alten Zollhauses. Vom alten Wasserwerk ist es nur ein kurzer Spaziergang zum Einstieg in diese Via Ferrata. Über steile Leitern geht es hinauf zu dem schönen, abwechslungsreichen rund 600 Meter langen Klettersteig mit Klettergarten-Elementen, langen Seilbrücken und einer langen Tyrolienne am Schluss. Zwar kann man ihn auf drei Notausstiegen wieder verlassen, aber angesichts des Dauerregens verzichten wir auf die (Tor)Tour.

Weiter geht die Fahrt nach Südwesten, immer in unmittelbarer Nähe der Grenze. Nur fünf Kilometer entfernt liegt La-Chaud-de-Fonds im Schweizer Kanton Neuenburg. Die größte Stadt im Hochjura liegt auf rund 1000 Meter Höhe und hat sich ihren ländlichen Charakter bewahrt, obwohl es sich seit mehr als 200 Jahren zum Zentrum der Uhrenindustrie entwickelte und gehört wegen seiner Jugendstilbauten seit 2009 zum UNESCO Weltkulturerbe.

Kurz vor Morteau verlässt der Doubs die Grenze zur Schweiz und fließt ein paar Kilometer im Landesinneren. Auch die Gemeinde Morteau verdankt dem Fluss seinen Namen, denn wegen der dort ungewohnt ruhigen Strömung sprach vom von totem Wasser - eau morte. Wie das nahe La-Chaud-de-Fonds in der Schweiz, ist auch Morteau ein jahrhundertealtes Zentrum der Herstellung von Uhren, von der man im Uhren-Museum Musée de l’Horlogerie du Haut-Doubs im Château Pertusier einige schöne Exemplare sehen kann.

Bekannter ist der Ort allerdings wegen seiner geräucherten Wurst aus Schweinefleisch, der Saucisse de Morteau, die auch Belle de Morteau genannt wird. Sie wird aus den traditionell gemästeten Schweinen der umgebenden Hochebenen und Berge des Jura gewonnen, stark gewürzt und anschließend in den tuyés einen Tag bis eine Woche lang im Nadelholzrauch kalt geräuchert, wobei sie ihre Bernsteinfarbe erhält. Die Wurst und ihre typische zylindrische Form ist seit 2010 als IGP herkunftsgeschützt. Zu Weihnachten landet oft als Spezialität die dickere Version Jésu de Morteau auf dem Festtisch. Vor dem Verzehr muss die Wurst noch gegart werden. Wer im August die Stadt besucht, kann sie beim jährlichen Wurstfest, der Fête de la Saucisse probieren, wo sie mit einem großen Umzug gefeiert wird.

Das Juragebirge ist ein Kalkgebirge und immer wieder findet man entlang des Doubs und seiner Nebenflüsse und im Gebirge Grotten und Höhlen. Manche davon wurden schon von den Galliern und auch heute noch von ihren Nachfahren kultisch genutzt, wie die Höhlenkirche von Remonot, etwas außerhalb von Morteau, wo im 7.Jahrhundert Eremiten lebten, die das Christentum in die Region brachten. 1832 baute man eine kleine Kirche in den Eingangsbereich der über eine kleine Brücke zu erreichenden Grotte mit eigener Quelle.

Die Region ist übrigens auch ein Paradies für Wanderer. Dichte Fichtenwälder, liebliche Hochebenen und imposante Felswände wechseln sich ab bei der Überquerung des Jura. Im Hintergrund schimmern die schneebedeckten Gipfel der Alpen und immer wieder gibt es fantastische Ausblicke. Mehrere Seen laden unterwegs zum Entspannen und Baden ein.

Tuye de Gyby Papy

(c) Michael Ritter

Die Tuyé de Gaby Papy - hier räuchern die Würste

Ganz in der Nähe liegt etwas oberhalb am Berg einer dieser Höfe, auf denen traditionell im Räucherofen Tuyé die Würste und Schinken geräuchert wurden und werden. Die vom Metzger Gabriel Marguet in den 1979er Jahren erbaute 18 Meter hohe Tuyé de Papy ist aber etwas ganz Spezielles, denn er liegt in der selbsternannten République du Saugeans. Diese reicht bis ins Jahr 1947 zurück, hat ein Wappen, eine Hymne, eine Briefmarke, eine Währung, einen Zollbeamten, der – wenn er anwesend ist- Pässe ausstellt, und, seit Kurzem auf wieder eine eigene Sprache, Saugette. Mittendrin kann man hier Wurstwaren wie Saucisse und Jésu de Morteau, Schinken, Speck, geräucherte Rinderzunge und die leckere Cendrées du Papy Gaby von höchstem handwerklichem Niveau kaufen und die Räucherei auf einer Führung besichtigen.

Ein paar Kilometer weiter liegt, rund eine halbe Stunde Fußweg vom Parkplatz entfernt, die Source de la Loue, die stärkste Karstquelle des Jura. Aus einer riesigen Höhle im Felsen strömt das Quellwasser, das unter anderem vom oberen Doubs, der bei Pontarlier teilweise im Karst versickert. Als 1901 die Absinth-Destillerie Guy in Pontarlier brande, strömten größere Mengen des dort produzierten Absinthes in den Fluss. Als die Anwohner einige Tage später den Anisgeruch der 15 Kilometer entfernten Louequelle merkten, vermuteten sie eine Verbindung, die sich bei späteren Versuchen, als man Farbe ins Wasser schüttete, bestätigten. Die kräftig der Quelle entströmenden Wassermassen haben mächtige, steile Stufen in die umgebenden Kalksteinschichten geschnitten.

Pontarlier

Pontarlier - Porte Saint-Pierre 7

Pontarlier die Heimat des Absinthes

Dank der Lage in der Nähe der Schweiz und in der burgundischen Pforte spielte Pontarlier schon früh eine wichtige Rolle für den Handel zwischen Nord- und Südeuropa und entwickelte sich im Mittelalter zu einem Handelszentrum. Im 19. Jahrhundert wurde der Ort zum Zentrum der Absinth-Produktion, als 1805 Henri-Louis Pernod dort die erste Absinth-Destillerie eröffnet. Sie fand im Laufe der Zeit große Popularität fand diese Spirituose, die traditionell mit Wasser vermengt getrunken wird, in der zweiten Hälfte des 19. und dem frühen 20. Jahrhundert in Frankreich. Um 1860 trank man kein Bier am Feierabend, sondern einen Absinth, der ausgesprochen billig war, günstiger als Wein. Zu den berühmten Absinth-Trinkern aus der notorisch klammen Boheme zählen Baudelaire, Gauguin, van Gogh, Hemingway, Poe, Rimbaud, Toulouse-Lautrec und Wilde. Doch da das Getränk den Ruf hatte, wegen seines Thujon-Gehalts abhängig zu machen und schwere gesundheitliche Schäden hervorzurufen, wurde es 1914 erst in Frankreich und später in anderen Staaten verboten. Da die zum Verbot führende Untersuchung sich in späteren Studien nicht bewahrheitete, ist Absinth seit gut zwei Jahrzehnten in den meisten europäischen Staaten wieder erhältlich. In Pontarlier tötete das Verbot die Produktion und der Wirtschaftszweig spielte bis 2001 keine Rolle mehr, als Pernot Fils 2001 wieder mit der Produktion begann.

Einen Eindruck von der Absinth Produktion und vom Getränk selbst kann man in dem von der letzten kleinen Destillerie Pierre Guy eingerichteten Museum verschaffen. Den Adler, den Armand Guy zeichnete und der als Markenzeichen die Flaschen ziert, sollte für die Überlegenheit seiner Produkte werben. Früher gab es für den in allen Gesellschaftsschichten populären Absinth neben Spelunken auch mondäne Bars.

Das Ritual seiner Zubereitung wurde immer raffinierter. Es gab die speziellen Gläser, mit Markierung, die zeigten, wieviel Absinth in das Glas gehörte, es gab Unterteller mit den Preisangeben, wie heute beim Floating Sushi, Karaffen für das eisgekühlte Wasser und natürlich den Brouilleur, den man aufs mit Absinth gefüllte Glas setzte, mit Eis füllte, das dann durch ein kleines Loch ins Glas lief. Ein Highlight war die Absinthe Fontaine, ein Wasserspender, der am Tresen stand oder an den Tisch gebracht wurde, um den Absinth zu verdünnen.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs verbot Frankreich die wegen ihrer üblichen Farbe auch als „grüne Fee“ berühmt-berüchtigte bis zu 89 Volumenprozent enthaltende und deshalb in der Regel vor dem Genuss mit Wasser verdünnte Spirituose aus Wermutkraut, Anis, Fenchel, einer Reihe weiterer Kräuter. sowie Alkohol hergestellt wird., Durch das Absinth-Verbot 1914 spielte dieser Wirtschaftszweig keine Rolle mehr, bis die Destillerie Pernot Fils 2001 wieder mit der Produktion begann.

Ähnlich der Louequelle entspringt die Source du Lison dem Karst des Jura. Nicht ganz so ergiebig, aber sehr spektakulär ergießt sich das Wasser aus einer großen Höhle über einen Wasserfall. Bis zu 30 Kubikmeter können so pro Sekunde ins Tal strömen. Früher nutzte man es für eine Mühle, doch als 1899 Pläne auftauchten, in Salins-les-Bains Strom damit zu erzeugen, gab es die erste Umwelt-Bürgerinitiative in Frankreich, die nach erfolgreichem Ausgang zum ersten Umweltschutzgesetz in Frankreich führte.

Salinen von Salins-les-Bains

(c) Michael Ritter

Alte Salinen in Salins-les-Bains

Nach ein paar Kilometern erreichen wir das bereits erwähnte Salins-les-Bains an der Loue. Wie der Name schon verrät, war Salz das wichtigste Handelsgut der kleinen Kurstadt, denn unter der Stadt entspringen zahlreiche salzhaltige Quellen. Einige Forscher sehen in dem schon zu keltischer Zeit bedeutenden Ort das von Caesar beschriebene Alesia, wo er im Jahr 52 vor Christus gegen Vercingetorix kämpfte und die gallischen Truppen vernichtend schlug. Nach dem Niedergang entwickelte sich der Ort im Mittelalter immer weiter zum wirtschaftlichen Mittelpunkt der Franche-Comté. Mit der Annexion durch Frankreich durch den Sonnenkönig war es damit vorbei und Besançon wurde Hauptstadt. Doch behielt der Ort seine Salzindustrie, die modernisiert und ausgebaut wurde. Als der Architekt Claude-Nicolas Ledoux unter Ludwig XV. die Region besuchte, stellte er die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Saline fest und erhielt vom König, als Inhaber sämtlicher Salinen des Landes den Auftrag, eine weitere Salinenanlage im 30 Kilometer entfernten Wald von Chaux zu errichten, mit der Sole aus Salins: den Salines Royale im heutigen Arc-et-Senans.

Die Stadt hat durch den einstigen Boom des Kurtourismus profitiert, aber die besten Zeiten scheinen vorüber. Auch das historische Grand Hotel ist heute ein angenehm modernisiertes 3-Sterne-Hotel ohne einstigen Pomp. Im Pool kann man das salzige Thermalwasser genießen, wenn man nicht einen Besuch in der modernen Therme des Ortes einplant. Das Wasser enthält mehr Mineralsalze als das Tote Meer und verleiht dem Körper im großen Schwimmbecken und den kleineren Nebenbecken ein Gefühl der Schwerelosigkeit – ideal bei allen Rheumaleiden.

Ein absoluter Höhepunkt der Stadtbesichtigung ist die Saline, die bis zu ihrer Schließung 1962 auch wirtschaftlicher Mittelpunkt der Stadt war. Schon im frühen Mittelalter bekannt, waren sie lange im Besitz der Herzöge von Burgund, bevor der französische König sie sich aneignete. Heute dient die dort gewonnenen Sole nur noch den Kureinrichtungen mit dem Thermalbad.

„Weißes Gold“ nannte man das Salz im Mittelalter und brachte enorme Gewinne. Ab dem 18. Jahrhundert pumpte man die Sole mit Wasserkraft nach oben und kochte sie dort in riesigen Pfannen, bis das Wasser verdampft war und man das Salz trocknen konnte. Im Laufe der Zeit wurde diese Methode unwirtschaftlich, da man mehr Holz als Brennstoff benötigte, als die Wälder rundum liefern konnten. Mit der Verlagerung nach Chaux konnte dank des großen Walds die Methode weiterbetrieben werden. 2009 ernannte man die Saline ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe, wie bereits 1982 die königlichen Salinen in Arc-et-Senans. Über feuchte und kühle Treppen geht es hinunter in den Untergrund mit ihren vollständig erhaltenen mit romanischen Bögen in den Stollen aus dem 13. Jahrhundert. Auch die technischen Einrichtungen wie Pumpe, Abwassersystem von Sole und Süßwasser und die oberirdischen Becken zur Salzgewinnung kann man noch sehen.

Salines Royales

(c) Michael Ritter

Die Salines Royales : Revolutionsarchitektur

Es waren utopische Ideen, die Ledoux bei seinen Planungen für die königlichen Salinen mitten in einem Waldgebiet antrieben und ihn zum Fürsprecher einer rationalistisch-fantastischen Urbanistik werden ließen. Ich hatte die Bauten beim Kunstgeschichts-Studium im ersten Semester kennengelernt, doch erst jetzt, nach vielen Jahren, sah ich sie erstmals mit eigenen Augen. Ledoux war einer der wichtigsten Vertreter dieser als Revolutionsarchitektur benannten Phase des Klassizismus. Es sollte eine sprechende Architektur werden, die er dort entwarf. 1775 wurde der Grundstein gelegt, 1778 waren die Salinen fertig und sollten eines der bedeutendsten realisierten Bauprojekte dieses Stils bleiben.

Ledoux‘ erster Entwurf folgte einem einfachen Grundmuster: Rund um einen großen quadratischen Hof, der zum Stapeln des Holzes dienen sollte, war ein geschlossener Gebäudekomplex geplant - meist eingeschossig, an den Ecken und in der Mitte aber zweigeschossig. Auf der Eingangsseite war ein Portal durch den Verwaltungsbau geplant, an den Ecken Kapelle und Bäckerei, in den Seitenflügeln Werkstätten und Schmieden. Als Kernstück sollte gegenüber dem Portal die eigentliche Fabrik mit den Solsiedereien entstehen. Offene Galerien sollten die Mittelbauten verbinden, um kurze, wetterunabhängige Wege zu schaffen. Für die Arbeiter waren Einzelzimmer in den Zwischenbauten geplant, mit einem Gemeinschaftsraum und zentralem Herd. Außerhalb sollten Nutzgärten das geringe Gehalt der Arbeiter kompensieren. Das bedeutete eine deutliche Aufwertung der sonst eher minderwertig angesehenen Bauform Fabrik. Doch die 140 dorischen Säulen, die einen „Überfluss an Schönheit“ ergeben hätten, empörten den König, der den Entwurf ablehnte. Prunk als Symbol für Macht und Reichtum war dem Hof vorbehalten. Die Saline sollte, wenngleich als königlich tituliert, hauptsächlich produktiv sein. "Palast ist Palast und Fabrik ist Fabrik" lautete das königliche Urteil.

Beim Folgeentwurf kannte Ledoux bereits den Bauplatz und straffte die Arbeitsabläufe der Saline. Die Bauform sollte aufgelockert sein, um Brände zu verhindern und die Belüftung zu verbessern. So entstand die Idee einer kreisförmigen Anlage, mit Bauten, die wie Radspeichen um einen zentralen Pavillon angeordnet sind. Letztendlich brauchte Ledoux dank des als Ludwig XVI. nachfolgenden Enkels nicht auf seine Säulen und die repräsentative Ästhetik verzichten und es entstand eine halbkreisförmig angelegte Abfolge der Gebäude der Anlage. Der imposante Sitz des Direktors mit seinen massiven Rustika-Säulen besetzt dabei den zentralen Punkt und demonstriert dessen vom absolutistischen König verliehene Macht und macht die hierarchische Ordnung trotz aller ästhetischer Schönheit noch heute spürbar. Wie wertvoll das "weiße Gold" im 18. Jahrhundert war, kann man erahnen, wenn man an die strengen Kontrollen denkt, die beim einzigen Zugang zur Saline jeden einzelnen Arbeiter bei den sechs dorischen Säulen kontrollierten.

Das Dörfchen Arc-et-Senans entstand im Zuge des Salinenbaus in der Nähe der königlichen Wälder von Chaux. Die Sole kam die rund 20 Kilometer von Salins-les-Bains über ein Rohrsystem. Rund 200 Arbeiter siedeten sie für das Salz. Ledoux Pläne, die Saline zur Idealstadt Chaux auszubauen, wurden nie umgesetzt.

Im kleinen Ledoux-Museum der Saline Royale sind zahlreiche Pläne und Modelle der realisierten Bauten ausgestellt, aber auch einige seiner architektonischen Träume.

Dole

(c) Michael Ritter

Dole - malerischer Geburtsort von Louis Pasteur

Färberkanal in Dole

(c) Michael Ritter

Nur 30 Kilometer fährt man durch den mächtigen Wald von Chaux ins malerische Städtchen Dole am Ufer des zum Rhein-Rhone-Kanals kanalisierten Doubs. Vor 200 Jahren wurde dort der Chemiker Louis Pasteur als Sohn aus einer Gerberfamilie geboren. Pasteur gilt als einer der Mitbegründer der medizinischen Mikrobiologie, der auf den Forschungen Robert Kochs aufbauend entscheidende Beiträge zur Vorbeugung gegen Infektionskrankheiten durch Impfung geleistet hat, gegen die auch damals schon eine gewisse Skepsis herrschte.

Vor 100 Jahren hatte man dem großen Sohn der Stadt in seinem am Kanal der Gerber gelegenen Geburtshaus ein Museum gewidmet. Pasteur, der vor allem für seine Entdeckung eines Impfstoffs gegen Tollwut bekannt wurde, hatte viele Interessen. Er untersuchte Kristalle, erforschte die Krankheiten der Seidenraupen und untersuchte die Fermentation von Wein und Bier. Seinen Namen gab er dem kurzfristigen Erhitzen von Lebensmitteln auf 60 bis 70 Grad Celsius, denn dann sind die meisten Keime mausetot. Heute ist diese Technik zumindest bei der industriellen Fertigung üblich. m Museum bekommt man anhand von persönlichen Gegenständen und Dokumenten einen Eindruck, wie Pasteur zum weltweit bekannten Wissenschaftler wurde.

Sehr idyllisch kann man am Canal Tanneur und am Ufer des Doubs flanieren oder in einem der Bistros einen Stopp einlegen. Beim Spaziergang sieht man viele der historischen Bauten, wie die Stiftskirche Notre-Dame mit ihrem mächtigen Turm, die daneben liegenden Markthalle, das Rathaus oder die zahlreichen Patrizierhäuser, die von der einstigen Stellung des Orts als Hauptstadt der Franche-Comté erzählen.

Auch Wasserfreunde kommen in Dole auf ihre Kosten. Vor oder nach dem abwechslungsreichen Spaziergang durch die engen Gassen der Stadt kann man mit verschiedenen Booten auf dem Doubs, durch die Kanäle und vorbei an den alten Festungsmauern fahren. Wer etwas mehr Zeit mitbringt, der sollte überlegen ein Hausboot zu mieten und auch ohne Bootsführerschein eine Tour durch die verschiedenen Nebenflüsse der Saône und die verbundenen Kanäle zu unternehmen. Dole ist von Deutschland aus recht schnell zu erreichen.

Zauberhafte Landschaften mit weidenden Kühen, wunderschönen Laubwäldern und vorbei an alten Kirchen, Klöstern, Burgen und Schlössern. Auch Anfänger können dort schnell auf den ruhigen Gewässern Erfahrungen sammeln. Der natürliche Flussverlauf lockt mit nur wenigen Schleussen, immer wieder gibt es in den Sommermonaten Bademöglichkeiten und in den schönen Weinbauregionen am Ufer lockt auch immer eine erstklassige Gastronomie.

Ältere werden vielleicht noch den Heinz Rühmann-Film “Ein Mann geht durch die Wand”. Die Vorlage dafür stammte vom 1976 verstorbene Franzosen Marcel Aymé, der in Dole Kindheit und Jugend verbrachte. Aymé in Dole und heute kann man die Stadt auch auf den Spuren seines Märchenkaters Titus erkunden. Bronzedreiecke mit dem eingravierten Kater weisen den rund vier Kilometer langen Weg zu den schönsten Plätzen und Stellen der Stadt.

Käseliebhaber finden in der Franche-Comté eine reiche Vielfalt an Käsen. Als ich vor einiger Zeit im Sundgau den Käse Affineur Bernard Antony besuchte, zeigte er mir in seinem Lager zahlreiche erstklassige Rohmilchkäse auch aus dieser Nachbarregion. Während des Ersten Weltkriegs kam auch die aus der Schweiz stammende Familie Graf nach Dole, um dort eine Käsefabrik für Gruyère zu gründen. Der innovative Schmelzkäse konnte vom Geschmack die Verbraucher im frühen 20. Jahrhundert begeistern. Mit der durch Fusion zur Bel Gruppe ins Unternehmen geholte Schmelzkäsezubereitung La vache qui rit wurde daraus ein internationaler Erfolg und heute produzieren Duzende Fabriken rund um den Erdball die verschiedenen Marken.

Gut gefallen hat uns in Dole auch die ehemalige Wassermühle „Au Mulin de Ècorces“, wo Valerie und Patrick Franchini nicht nur eine erstklassige Küche mit Spezialitäten der Region pflegen, sondern auch hübsche Zimmer anbieten.

Romanee Conti

Vosne-Romanée, Domaine de la Romanée-Conti (1)

Das Kloster Citeaux - Heimat der Zisterzienser

Von Dole aus ist es nur ein Katzensprung ins historische Burgund, das Ende 2015 mit der Fusion mit der Franche-Comté zur Bourgogne-Franche-Comté sein Ende fand. Das alte renommierte Herzogtum hatte schon die Französische Revolution davongefegt. Die Saône schlängelt sich wenige Kilometer westlich durch die Landschaft und kurz bevor wir die dem Department namensgebende Côte d’Or erreichen, deren Burgunder-Weine zu den besten der Welt gehören, lockt uns der Hinweis auf ein Kloster, dass wir auf der Fahrt passieren an: Cîteaux. Hier liegt also das Mutterkloster aller Zisterzienserinnen und Zisterzienser. Gegründet wurde es vor mehr als 900 Jahren von dem Benediktiner Robert von Molesme, der zusammen mit zwanzig Brüdern einen Neuanfang wagte. Der Grund dafür lag an der mächtigen rund 100 Kilometer südlich gelegenen angesehenen Abtei Cluny. Dort hatte man es nach zahlreichen Spenden, Stiftungen und Erbschaften nicht mehr so eng gesehen mit der Einfachheit des monastischen Lebens. Von der „eigenen Hände Arbeit“ zu leben, war verpönt.

Dem wollte Robert anfangs mit der Gründung der Gründung des Klosters Molesme zusammen mit einer Gruppe von Eremiten Paroli bieten, doch auch dort wurden die Mönche wegen der üppig fließenden Zuwendungen des Adels bequem, weshalb er ein knappes Vierteljahrhundert später das neue Stammkloster der Zisterzienser gründete. Nach der Französischen Revolution aufgelöst und geplündert, leben dort heute wieder Trappisten, dem Zisterzienserorden der strengeren Observanz, die mit ihrem milden Abbaye de Cîteaux-Käse auch eine nette Erinnerung als Mitbringsel ermöglichen.

Vom Kloster sind es nur noch ein paar Kilometer bis zur sagenhaften Goldküste, der Côte-d’Or. Sie ist ohne Zweifel DAS Juwel unter den Weingebieten Burgunds und genießt ihren Ruf in aller Welt. Von Santenay im Süden zieht sie sich über Beaune bis in die Vororte von Dijon im Norden. Die kalkhaltigen Böden schaffen einige der besten Weinlagen Frankreichs.

Eine davon ist unser nächstes Ziel: der Grand Cru-Weinberg von Romanée-Conti. Mit einer nur mit Pinot Noir, also Spätburgunder bepflanzten Fläche von knapp 2 Hektar hat er eine eigene Appellation und ist im Besitz der gleicden Hügel hinauf zum von einem alten steinernen Kreuz beschützen Weinberg. Für Busse zu eng, so hält man den Massentourismus etwas auf Abstand, aber dennoch sind die edlen Lagen das ganze Jahr über ein begehrtes Ziel der zahlungskräftigen Weinliebhaber aus aller Welt. hnamigen Domaine. Zu finden ist es leicht, denn von der Straße führt ein enger Weg durch das kleine Dorf Vosne-Romanée

Gerade einmal rund 5.000 Flaschen keltert das Weingut aus den mehr als 50 Jahre alten Reben. Ausreichend, denn die Weine aus der prestigeträchtigste und teuersten Grand-Cru-Lage im Burgund kosten pro Flasche gerne so viel wie ein Mittelklassewagen. Bei solchen Preisen mag man sich den Wert des hinter dem Steinkreuz liegenden Lands gar nicht vorstellen, doch ist er mit hoher Wahrscheinlichkeit das wertvollste Ackerland der Welt. Manche Parzellen hier sind wie der wertvolle Weinberg komplett von einer Mauer umgeben. Man spricht dann von einem „Clos“, der nur durch die teils majestätischen schmiedeeisernen Tore zu betreten sind, auf denen der Name des stolzen Eigentümers prangt. Selten geworden sind in der Neuzeit leider die alten Cabottes, kleine Unterstände aus Trockensteinmauern, die den Arbeitern im Weinberg einen Schutz vor Regen bot.

Zu Verkosten gibt es hier am Weinberg leider nichts, aber wer Zeit mitbringt, kann die Weinstraße der „Grands Grus“ erkunden, die durch 38 malerische Dörfer der Côte de Nuit und der Côte de Beaune führt. Dabei bilden die Weinberge der Côte d’Or nur ein schmales Band, das sich am Hang auf etwa 300 bis 400 Meter Höhe dahinzieht und nie breiter als zwei Kilometer ist. Man erkennt die Weinstraße an der weißen Traube auf braunem Grund. Besonders renommiert ist die Côte de Nuits, an der gut zwei Drittel der Grand Crus liegen.

Ist bei Romanée-Conti und der Weinorten Côte de Nuits Pinot Noir der Star, so punkten in einigen Orten der südlicher liegenden Côte de Beaune die unübertroffenen trockenen Chardonnays von Corton-Charlemange, Meursault oder Montrachet, die zu den besten der Welt gehören und für deren Spitzenweine man auch leicht einen vierstelligen Betrag zahlen muss.

Die kleinen Orte sind sehr gepflegt und in vielen dieser traditionellen Dörfer findet man prächtige Herrenhäuser. Oft liegen die Häuser rund um die alte romanische Kirche und Brunnen und alte Waschhäuser stehen für das einst sehr viel einfachere ländliche Leben im burgundischen Weinland.

Clos de Vougeot

(c) Pixabay CC0

Das Châteaux Clos de Vougeot

Fast in Sichtweit des Weinbergs von Romanée-Conti liegt etwas weiter nördlich das alte Châteaux du Clos de Vougeot, dass im 12. Jahrhundert von den Mönchen von Cîteaux inmitten der Reben gegründet wurde. Der dort erzeugte Rotwein ist ebenfalls ein Grand Cru mit eigener Appellation, mit 51 Hektar am Stück die größte Grand Cru-Lage.

Ganzjährig geöffnet ist es ein MUSS für jeden Weinfreund. Wein wird dort heute nicht mehr produziert, aber als Sitz des Ordens der 1934 gegründeten Bruderschaft der Chevaliers du Tastevin, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Image der Weine des Burgunds international zu fördern.

Ihr Symbol ist der Tastevin, die historische silberne Weinprobierschale. Immer wieder werden Politiker und Prominente wie Helmut Kohl, Luis de Funès, Willy Brandt oder Franz Joseph Strauß medienwirksam als Ritter oder Kommandeur in die Bruderschaft aufgenommen. Neben geführten Touren kann man das Schloss auf eigene Faust erkunden oder bei einem Verkostungsmenü die Weine des Weinguts kennenlernen.

Hotel-Dieu in Beane

(c) Pixabay CC0

Die Weinversteigerung im Hôtel-Dieu in Beaune

Jedes Jahr im November versteigert die Bruderschaft von Sotheby`s die jungen Weine der Hospices de Beaune im malerischen nur knapp 20 Kilometer entfernten Hôtel-Dieu in Beaune. Diese dreitägige Versteigerung der Jungweine ist der größte Wohltätigkeitsverkauf der Welt und lockt Menschen aus aller Welt ins Burgund. 2015 wurden die Parzellen der burgundischen Weinbaugebiete, die sogenannten Climats, nach langjährigem unermüdlichem Kampf vieler Weinliebhaber aus dem Burgund und dem Rest der Welt, in die Liste des UNESCO-Welterbe aufgenommen. Wie Romanée-Conti und Clos de Vougeot sind Climats kleinflächige Weinlagen, die man oft schon seit Jahrhunderten unter demselben Namen kennt und die eine eigene Identität zeigen – kulturell, historisch, vom Terroir, der Ausrichtung des Hangs und des Mikroklimas.

Errichtet wurde das Hôtel-Dieu im Stil der flämischen Gotik ab dem Jahr 1443, als zum Ende des Hundertjährigen Kriegs die Menschen in der Region unter drückender Armut litten und viele Bewohner von Beaune der Hungertod drohte. Nicolas Rolin, der vermögende Kanzler des burgundischen Herzogs Philipp des Guten und seine Frau Guigone de Salins beschlossen deshalb hier ein Hospital zu stiften – im Interesse ihres Seelenheils.

Rolin versorgte das Hospiz gut mit einer jährlichen Rente aus dem Salzhandel der Saline in Salins-les-Bains. Später stifteten viele Bewohner Grundbesitz. Sehr auffallend sind die bunten Dächer aus verschiedenfarbigen glasierten Terrakottaziegeln, die sich auf den Fotos wohl aller Beaune-Besucher widerspiegeln. Das Zentrum bildet der Armensaal mit Kapelle. 30 Betten standen dort, die jeweils mit zwei Personen belegt waren - nicht um Platz zu sparen, sondern damit diese sich gegenseitig wärmen. Er ist der größte Saal der Krankenpflege.

In der Kapelle hing einst Das Jüngste Gericht, der weltberühmte Flügelaltar des Flamen Rogier van der Weyden, das heute in einem anderen Saal gezeigt wird und Rolin und seine Frau Guigone als Stifter präsentiert. Diese überaus prächtige Ausstattung wählte Rolin, um das Hôtel-Dieu zu einem der schönsten Hospitäler in Frankreich zu machen. Inspiriert hatten ihn dazu seine zahlreichen Reisen in Flandern. Seine Großzügigkeit bei dem Bau erstaunte alle, die seine Neigung zum Reichtum kannten. König Ludwig XI. bemerkte bissig: „Der Mann, der zu Lebzeiten die Armut so viele Menschen verursachte, ist wohl schuldig, ihnen nach seinem Tod eine Zuflucht zu hinterlassen.“

Heute dienen die Hospices de Beaune zwar nicht mehr der Krankenpflege, der bis 1970 die Ordensschwestern Sœurs Hospitalières im beeindruckenden Gebäude in Beaune nachgekommen sind, doch die Einnahmen aus den Weinen aus 60 ha Grand und Premier Cru-Lagen können sich sehen lassen, denn wegen des karitativen Charakters der Versteigerung liegen die Preise deutlich über den üblichen Marktpreisen. Für den Handel ist dieses Megaevent des Weins, der ein ganzes Wochenende lang für reges Treiben in der sonst eher besinnlichen Kleinstadt sorgt, ein erstklassiges Barometer für die Preisentwicklung. Der Erlös dient dem Erhalt des kulturellen Erbes und der Krankenpflege. Ein großes Festessen bei Kerzenschein im mittelalterlichen Ambiente rundet die Auktion ab.

Grabmal Philipps II. des Kühnen

(c) Michael Ritter

Dijon - Hauptstadt des Burgunds

Eule von Dijon

(c) Michael Ritter

20 Kilometer nördlich von Clos de Vougeot liegt mit Dijon die alte politische und gastronomische Hauptstadt des Burgunds. Weltbekannt ist der Senf, der allerdings nur eine von vielen lokalen Spezialitäten der Stadt ist. Bei meinem ersten Besuch in Studienjahren hatte uns der Bürgermeister zu einem Glas Kir ins Rathaus gebeten, bei dem eine Créme de Cassis aus schwarzen Johannisbeeren mit dem beliebten Weißwein Aligoté aufgespritzt wird. Die Edelvariante Kir Royal verwendet dafür Champagner. Feinschmecker lieben das Poulet Gaston Gérard, ein Huhn aus der nahen Bresse in Senfsoße.

„Die Glocke“ nennen die Einheimischen schlicht das mondäne 5-Sterne Grand Hotel am Jardin Darcy. Das auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken kann. Zahlreiche Könige, Politiker, Künstler, Autoren und Filmstars waren dort zu Gast, wie Leopold I. von Belgien, Napoleon III., Erzherzog Karl Franz Joseph von Österreich, Camille Saint-Saëns, Auguste Rodin, Louis de Funès, Jean Marais oder Charles Aznavour. Die Chansonnière Barbara schätzte es als "süßen und warmen Zwischenstopp". In den 2010er Jahren hatte man das etwas in die Jahre gekommene Hotel gründlich renoviert und erweitert und am Abend erstrahlt es im vielfarbigen Lichterschmuck.

Nur wenige Schritte sind es von hier in die belebte Fußgängerzone von Dijon entlang der Rue Liberté. Umringt von mittelalterlichen Häusern, Kirchen und Stadtpalästen aus der Renaissance führt uns der Weg zum vom Architekten Hardouin-Mansart angelegten Place de la Libération, einem der schönsten Plätzen Frankreichs, auf dem man im Sommer ein sonniges Plätzchen in einem Straßenlokal genießen kann.

Am Platz liegt auch das einstige politische Machtzentrum Burgunds: der Herzogspalast. Heute beherbergt der mächtige Komplex das Rathaus der Stadt und das Musée des Beaux-Arts. Dort geben sich flämische Malerei, Skulpturen aus dem 19. Jahrhundert und dekorative Kunst ein Stelldichein und auch die Sammlung moderner Kunst ist beachtlich. Am beeindruckendsten ist aber für die meisten Besucher der Gardesaal mit den aus der Chartreuse de Champmol überführten Grabmälern der Herzöge des Burgunds. Am Grabmal Philipps II. des Kühnen arbeiteten zwischen 1385 und 1410 nacheinander einige der besten Bildhauer ihrer Zeit. In den Arkaden des Sockels haben sie sehr naturgetreu 41 pleurants genannte Trauernde versammelt. Das jüngere Doppelgrabmal für Johann Ohnefurcht und seine Gattin Margarete greift auf die Bildsprache des Grabmals Philipps II. zurück.

Wer mag, kann auf einem rund einstündigen Rundweg, dem Parcours de la Chouette auf engen Raum 22 Sehenswürdigkeiten im denkmalgeschützten Teil Dijons besuchen. Hier ist es, ähnlich des Katers in Dole, eine Eule, die uns von Station zu Station begleitet. Die Eule ist das Maskottchen der Stadt. Im Original sitzt sie auf einem Strebepfeiler der Kirche Notre-Dame und ist ein schon ziemlich abgewetzter Glücksbringer für Passanten, die sie mit der linken Hand vom Herzen tätscheln und sich dabei etwas wünschen. Vielleicht zurück zu kommen ins Burgund und auch dessen vielen anderen Schönheiten zu entdecken

© Michael Ritter

Grabmal Philipps II. des Kühnen

(c) Michael Ritter

(c) Magazin Frankfurt, 2024