Traum in weiß - Pinot is nice

Weinbude #3 Pinot is nice

Kerstin Laufer, Stephan Schwerdt und Christopher Franz mit Lena Heß vom DWI und Sommeliere Conny Ganß, (c) ADstore | filmproduktion rhein-main

Weißburgunder war das Fokus-Thema der dritten diesjährigen GR Weinbude. Organisiert von Generation Riesling, der beim Deutschen Weininstitut DWI angesiedelten weltgrößten Vereinigung von Jungwinzern, hatte man drei junge Winzer und Winzerinnen vor die Kamera gebeten, die sich in einer einstündigen Verkostung mit der bayrischen Sommelière Conny Ganß unterhielten, die durch Auftritte beim Bayrischen Rundfunk im TV und Radio schon jede Menge Erfahrungen mitbrachte.

Zwar ist nach wie vor Riesling mit gut 23 % der Anbaufläche der Platzhirsch in Deutschland, doch kommen die relevanten Pinot-Rebsorten wie Grau- und Weißburgunder, Chardonnay beim Weißwein und Spät- und Frühburgunder, Schwarzriesling und Sankt Laurent beim Rotwein zusammen auf 29 Prozent. Der Weißburgunder nimmt dabei mit 5,4 Prozent den dritten Platz unter den Pinots nach Spätburgunder und Grauburgunder ein und hatte um die Jahrtausendwende den stärksten Zuwachs aller deutschen Weißweinsorten.

Die Rebsorte wird in Deutschland vor allem in Baden, der Pfalz und in Rheinhessen kultiviert und mit insgesamt über 5.3004 ha Rebfläche ist Deutschland weltweit vor Italien, Österreich und Frankreich das größte Anbauland.

Entstanden aus einer Mutation des Spätburgunders brachten ihn die im Burgund heimischen Zisterzienser im Mittelalter in den Rheingau, von wo aus er sich dann in ganz Europa verbreitete. Lange Zeit hatte man trotz der Unterschiede zum Chardonnay die beiden Rebsorten in den Weingärten wegen ihrer großen Ähnlichkeit nicht auseinandergehalten und gemeinsam kultiviert. Einige erfolgreiche junge Weinblogger, wie die Schweizerin Madelyne Meyer alias Edvin in ihrem Buch „Endlich Wein verstehen“, halten sie auch weiterhin für identisch, obwohl es wichtige Unterschiede gibt, wie die etwas frühere Reife und die geringere Anfälligkeit gegenüber Botrytis. Im Burgund hat dies dafür gesorgt, dass Chardonnay bevorzugt wurde und Weißburgunder fast verschwunden ist.

Der Begriff „Pinot“ kommt von der länglichen Form der Trauben, die an einen Kieferzapfen erinnern. In Deutschland verwenden nur einige Winzer diese Bezeichnung. Eigentlich macht die Rebsorte wenig Probleme, eignet sich aber nicht für zu leichte und trockene Böden. In guten Lagen und bei ausreichender Reife und hohem Mostgewicht kann man aber einen haltbaren Wein von hoher Qualität erzeugen. Die Gefahr eines Botrytisbefalls lässt sich durch Spritzen mit Gibberellinsäure verhindern, was die sehr dichten Beeren ausdünnt.

Die gehaltvollen, nicht übertrieben alkoholreichen Weine überzeugen mit pikanter und angenehm frischer Säure und dezentem Aroma, das oft an grüne Nüsse, Apfel, Birne, Quitte, Aprikose, Zitrusfrüchte oder frische Ananas erinnert und ihn zum vielseitig einsetzbaren Essensbegleiter machen. Bei Prädikatsweinen mit hohem Mostgewicht lohnt es sich, die Weine längere Zeit zu lagern, da sie an Qualität gewinnen. Im Stahltank ausgebaut ist er spritzig, aber nicht so säurebetont wie Riesling, im kleinen Holzfass wirkt er oft cremig, ohne die buttrige Note von Chardonnay anzunehmen.

Bei der Weinbude kamen mit Kerstin Laufer, Stephan Schwerdt und Christoph Franz drei junge Winzer aus Franken, der Pfalz und Rheinhessen zusammen. Franken ist mit 204 ha Weissburgunder eines die kleinen Anbaugebiete dieser Rebsorte. Die 29-jährige Kerstin Laufer hat neben der Ausbildung zur Steuerfachangestellten Weinbautechnik und Önologie an der Technikerschule studiert und vor vier Jahren die Leitung des 10 ha großen, 35 Jahre alten familiengeführte Burggut direkt an der Einfahrt der Burg Lisberg übernommen. Sie kümmert sich dort um die Weinberge, die Weinlese und den Ausbau der Weine, die sie unter ihrer eigenen Weinlinie KL-Weine als unkomplizierte in Edelstahl gelagerte Klassik-Weine und ausdrucksstarke Exklusiv-Weine aus dem Holzfass vermarktet. Ihr Hobby ist das Reiten, für das sie kaum in eine bessere Umgebung geboren werden konnte.

Lisberg liegt nur wenige Kilometer von Bamberg entfernt, einer Stadt, die besonders durch ihre Biertradition bekannt ist. Dies kann man bei einem Besuch gut mit Burg Lisberg verbinden. Die Burg gehört zu den ältesten Burgen der Gegend und sicherte zu Zeiten der Babenberger die Sicherheit des Volkfeldgaus. Religiös hatte die Burg eine Sonderstellung inne, denn als gleichzeitiges Lehen der katholischen Fürstbischöfe von Würzburg und der protestantischen Marktgrafen zu Ansbach entging sie Zerstörungen, da die listigen Lisberger sich immer richtig zwischen ihren Lehnsherren arrangierten und so als einzige der einst 32 Burgen im Steigerwald die Kriege ohne Schaden überleben. Heute ist die Burg mit ihren über die Jahrhunderte wechselnden Besitzern Eigentum des Bamberger Auktionators Johann Sebök, der sie seitdem mit neuen Ideen und Konzepten zum Schmuckstück der Region ausbaut. Kerstins Vater Dieter hat die Gewölbekeller und den Vorhof zu einer gefragten Location für Hochzeiten und Veranstaltungen gemacht und serviert die Weine der Familie auch in der zugekauften ältesten Weinstube Bambergs.

Als Fokuswein hat Kerstin einen 2020er Weißburgunder Klassikwein vom Bimbacher Schlossgarten (8,90 €) mitgebracht. Schloss Bimbach liegt an einer Flussschleife zwischen Main und Steigerwald auf halber Strecke zwischen Bamberg und Würzburg und ist in 80 Kilometer Entfernung der zweite Standort der Familie und der Ort für den Weinanbau. Der Wein hat eine unaufdringliche angenehme Säure, schmeckt dezent fruchtig mit einer leicht erdigen Note. Wie fast alle Weine Kerstins ist er spontanvergoren mit eigenen, natürlichen Hefen aus dem Weinberg. Sie ist davon überzeugt, dass ihre Weine so noch besser ihre Herkunft zeigen können und mehr Komplexität, Eigenständigkeit und Einzigartigkeit mitbringen.

Als zweiten Wein hat sie mit dem 2020er Rosé aus der Exklusiv-Linie ebenfalls einen Burgunder mitgebracht, einen angenehmen Schwarzriesling mit feiner unaufdringlicher Note von Erdbeeren und Himbeeren, der frisch, fruchtig und schön süffig ist. Ein guter Essensbegleiter, doch bewusst kein leichter quietschiger Sommerwein für Girlies. Ausgesprochen gut gelungen.

Stephan Schwerdt kommt vom Pfälzer Weingut Hanewald-Schwerdt aus Bad Dürkheim. Den Schwerpunkt des Weinguts mit stolzen 27 ha Rebfläche bilden Riesling und Spätburgunder, die durch andere Rebsorten erweitert wurden. Meist liegen die Weinberge in den Höhenlagen nördlich der Kurstadt. In Leistadt hat sich ein einzigartiges Kalkriff dem Pfälzerwald vorgelagert, dass Heimat der Weine von Kalkriff wurde, die Stephan als die Botschafter seiner Heimat sieht. Die kleinen nicht flurbereinigten Parzellen liegen im oder um das Naturschutzgebiet Berntal und beherbergen zum Teil noch sehr alte Reben, die er für seinen Riesling nutzt und die im Kontrast zu den eigenen Lagen auf Bundsandstein im südlich gelegenen Deidesheim und Ruppertsberg stehen.

Als Fokuswein hat er einen 2020er Weißburgunder Dürkheimer Alte Reben (15 €) aus den ältesten Reben des Weinguts mitgebracht. Stephan mag Weißburgunder und schätzt ihn als eine der besten Rebsorten wegen seiner flexiblen Einsetzbarkeit. Handgelesen, und dann neun Monate im alten Tonneau und neuen Barrique ohne malolaktischen Säureabbau vergoren und ausgebaut. Der ausgewogene Ortswein hat eine kräftige Statur und frische, würzig-nussige Noten von Apfel und gelben Früchten und eignet sich als vielseitige Speisebegleiter. Vom Geschmack ist er kräutig und weist Schmelz sowie gelbfruchtige, erdige und leicht pfeffrigen Noten auf, wobei ihm die Tiefgründigkeit der Alten Reben zugutekommt.

Vom Kalkriff hat er als zweiten Wein einen 2020er Sauvignon Blanc (9 €) mitgebracht. Gewachsen ist der auf dem bereits erwähnten Kalkfelsen in Leistadt. Der mineralische und langlebige Sauvignon Blanc duftet nach Stachelbeeren, frischer Minze und frisch geschnittenem Gras und hat – Neuseeland lässt grüßen - ein paar tropischen Anklänge. Ein Wein mit angenehmer Frucht, guter Mineralität und einer wundervoll feingliedrigen Säure, die Stephan bei dieser ansonsten gern lauten Rebsorte schätzt. Man schmeckt das Terroir der Kalkriffs, der Wein hat guten Druck am Gaumen. Als Weinbegleitung passt er zu Seeteufel mit süß-saurem Chutney.

Die Gegend bietet sich auch erstklassig für ein langes Wochenende an. Das nur 100 Meter vom Pfälzer Wald entfernte Weingut bietet nach den Rebsorten benannte Ferienappartements und Pensionszimmer an, wo sich die Gäste ausspannen und wohl fühlen können und neben dem Wein im herrlich sonnenverwöhnten Klima auch die schönen Wanderwege in harmonischer Landschaft erkunden können.

Als Dritter in der Runde kam Christopher Franz vom Weingut Finkenauer-Franz im rheinhessischen Bubenheim zu Wort. Christopher hatte gerade Anfang des Jahres das Weingut seiner Familie mit dem Weingut seiner Frau Yvonne Finkenauer zu einem 22 ha-Betrieb fusioniert. Angesicht der Economy of scale sicherlich ein guter Entschluss, denn so kann man sinnvoll Kosten reduzieren. Die Weinberge liegen in Bubenheim und im benachbarten Appenheim. Eine solche Zusammenlegung ist nicht immer unproblematisch, wenn sich die Weine in ihrem Stil unterscheiden, da jeder seine Fangemeinde hat und diese Individualität weitergeführt werden soll. Das haben auch Christopher und Yvonne beschlossen und wollen ihren Stil weiterentwickeln. Während Yvonne dabei einen Fokus auf Sauvignon Blanc legt, der verspielt und leicht, aber auch mineralisch und tiefgründig sein soll, sieht sich Christopher, der gelernter Küfer ist, selbst als schnörkellosen Puristen, der feiste Nuancen aus den Trauben herauskitzeln möchte und sie karg, mineralisch und rein präsentieren möchte. „Pink trifft karg, Riesling trifft Sauvignon Blanc“ haben die beiden ihre Philosophie zusammengefasst.

Stolz ist man auf die nach Süden und Südwesten ausgerichteten Toplage in Appenheim, wo der durch Kalkstein geprägte Boden des Hundertguldens den deutschlandweit höchsten Carbonatgehalt aufweist. Dort wachsen in einem eigenen Mikroklima an steilen Hängen mineralische Weine voll fruchtiger Säure.

Als Fokuswein hat Christopher einen 2020er Weißer Burgunder Réserve (17,50 €) dabei. Zwar liegt der Fokus des Weinguts nach wie vor auf Riesling, doch entwickeln sich die Burgundersorten als zweites Standbein. Er denkt, dass man aus dem Weißburgunder mehr herauskitzeln kann als aus dem Grauburgunder. Der 33-jährige keltert den Wein aus 23 Jahre alten Reben, die auf Kalk gedeihen und baut sie in neuen und alten Tonneau aus. Ein trockener und sehr spitziger Wein.

Als zweiten Wein hat er den 2021er Riesling & Sauvignon Blanc Zweisam-Cuvée (8,90 €) mitgebracht. Hier spürt man auch die Handschrift von Yvonne. Durch die Hochzeit entschloss man sich, beide Weinstile in einem Zweisam-Cuvée zu kombinieren. Yvonnes Meilenstein Sauvignon Blanc Bubenheimer Kallenberg ist natürlich dominanter, aber auch Christophers Appenheimer Hundertgulden Riesling kann sich in der spannenden Cuvée behaupten. Es sind die absoluten Lieblingsweine der beiden und bringen zusammen, was zusammengehört: Frucht, Power, Würze, Kanten und Salzigkeit. Somit setzt zwar kein Burgunder das Schlusslicht, aber ein ausgesprochen trinkbarer Wein.

(c) Magazin Frankfurt, 2024