Zu Gast auf der Norwegian Getaway

Mit ihren 146.655 Bruttoregistertonnen ist sie nach ihrem Schwesterschiff, der Norwegian Breakaway, die im vergangenen Jahr in Betrieb genommen wurde, das größte Kreuzfahrschiff, dass je in Deutschland hergestellt wurde. Mitte Januar 2014 war es dann soweit und die Papenburger Meyer Werft konnte in Bremerhaven das Schiff an seinen neuen Besitzer, die Norwegian Cruise Line übergeben. Bevor es über den Atlantik ging, wo die Norwegian Getaway heute ankommen soll, hatten wir in Rotterdam Gelegenheit, die künftig im Wochenkurs durch die Wasser der Karibik pflügende Bettenburg auf einer Kurzreise in die Nordsee zu besichtigen.

Mit ihren 16 Stockwerken ragt sie beeindruckend aus dem Bulk der kleinen Schiffe, die sie im Hafen umringen heraus. "Miami-Schiff" nennt man sie, denn Strand, Nightlife, jede Menge Kunst und Kultur sowie die bonbonfarbenen Fassaden des weltberühmten Art-Déco-Viertels Miamis im Süden Floridas, werden ab Februar die neue Heimat der Norwegian Getaway sein. Das Schiff möchte seinen Gästen ermöglichen, sich von der Alltagsroutine, der Schule und dem täglichen Stress zu „entfernen“ (= „to get away“) und sich auf See eine echte Ruhepause zu gönnen. Das neue Freestyle Cruising Resort wird dann das größte ganzjährig ab Miami kreuzende Schiff sein. Am 8. Februar 2014 geht es ab Miami jeden Samstag zur 7-Nächte-Kreuzfahrt in die östliche Karibik. Anlaufhäfen sind Philipsburg auf Sint Maarten, Saint Thomas auf den Amerikanischen Jungferninseln und Nassau auf den Bahamas.

Schicke Kunst am Rumpf

Für die Schiffsbemalung hat die Cruise Line den Wandmaler David „LEBO“ Le Batard aus Miami gewonnen, der schon für zahlreiche andere Unternehmen Dekorationsaufträge übernommen hat. Der gebürtige New Yorker kreierte ein tropisches Ozean-Motiv in Anlehnung an Miami mit einer Meerjungfrau, die die Sonne in ihren Händen hält. Auch Pelikane und Palmen zauberte er schwungvoll auf den Rumpf des Schiffes. Die mythische und scheinbar über die Meeresoberfläche schwebende Meerjungfrau im Zentrum soll nach Willen des Künstlers die Verbindung von Mensch und Meer repräsentiert.

Teuer sind die Touren nicht. Ab knapp 500 Euro pro Nase kann ein Paar die preisgünstigste Innenkabine für die einwöchige Rundreise buchen. Dazu kommt eine obligatorische Servicepauschale von 12 Dollar pro Kopf und Tag. Trinkgelder sind aber bereits eingeschlossen. Die Gäste bekommen für ihr Geld neben der Unterkunft alle Mahlzeiten in einem der drei Haupt- und Buffetrestaurants mit Kaffee, Tee, Wasser und Eistee.

Auch Kabinenservice während des Tages und alle Hafen- und Sicherheitsgebühren sind im Preis enthalten. Dabei sollte man bedenken, dass das kulinarische Angebot an Bord – obwohl man auch europäische Gäste ansprechen möchte – sehr US-amerikanisch geprägt ist. Das fängt beim Frühstück an, wo man Vollkornbrot und Brötchen vergebens sucht, dafür aber Pancakes und Baked Beans serviert bekommt.

Wer etwas besonderes sucht, findet es wahrscheinlich im breiten Angebot der mit karibischen Outdoor-Erlebnis lockenden Spezialitätenrestaurants, die auch kulinarisch die Einflüsse Mittelamerikas widerspiegeln. Vom exklusiven Ocean Blue, für das Iron Chef Geoffrey Zacharian verantwortlich zeichnet und für dessen Angebot an Meeresfrüchten ein Aufpreis von 49 Dollar pro Person fällig wird, reicht es über die a la carte-Wasabi Sushi Bar, einen Teppanyaki , ein Steakhouse bis hin zur toskanischen Trattoria La Cucina, für die der Aufpreis zum Beispiel 15 Dollar beträgt.

It"s Showtime

Für das Showangebot mit Grammy-Erlebnissen, dem Illusionarium mit Zauberkünstlern und das Theater-Musical "Legally Blond" wird in der Regel eine Gebühr erhoben. Für die Grammy Experience hat die Cruise Line zur Zeit den Flötisten Nestor Torres engagiert, dessen Album „The Side of Paradise“ einst für den Grammy nominiert war und der auf dem Schiff einen Mix aus Jazz und lateinamerikanischer Musik spielt. Neben dem Grammy Experience gibt es auf der Norwegian Getaway ein komplettes Broadway-Musical: „Legally Blonde“ mit vier Shows pro Kreuzfahrt, das sehr amerikanisch aufgebaut ist.

Ebenfalls musikalisch verläuft die Weinverkostung an Bord. „Wine Lovers – The Musical“ bringt zweimal pro Rundreise für 25 Dollar Aufpreis Musical und eine sechsgängige Weinprobe mit Mittagessen ins Illusionarium des Schiffes. Am Abend bei der Dinner-Show im Illusionarium können sich die Gäste von Zauberkunststücken und Illusionen der fünf Magier bezaubern lassen, die - jeder auf seine eigene Weise - die Gäste durch ein rund zweistündiges Programm mit Dinner führen. Der Aufpreis von 39 Dollar lohnt sich durchaus, da man zudem noch gut verköstigt wird.

Südsee-Feeling in den Bars an der Waterfront

Echtes Süd-Florida-Feeling dürfte in der Karibik an den Bars an Bord aufkommen. Sowohl „Sunset Bar“ als auch „Sugar Cane Mojito Bar“ bieten Plätze im Innenbereich und im Freien an der attraktiven „Waterfront“-Promenade, die mit Außenangeboten und Restaurants das Schiff zum Meer hin öffnet und gerade bei den Fahrten in der Karibik ihre Freunde finden dürfte. Ganz oben im Schiff liegt die Flamingo Bar & Grill, die Gerichte mit lateinamerikanischem Flair anbietet: traditionell zubereitetes Schweinefleisch (pierna asada), Steak (bistec con chimichurri) oder frittierten Maniok (yuca frita) und Spinat Empanadas (empanadas de espinaca) sowie diverse Desserts. Dieses Angebot ist im Reisepreis ebenso enthalten, wie die klassische amerikanische Küche im rund um die Uhr offenen O’Sheehan’s Bar & Grill.

Eines der Hauptrestaurants ist der Tropicana Room, der im Retrolook den Glamour der 40er und 50er Jahre Revue passieren lässt. Die Speisekarte bietet die Küche Südfloridas: Arroz con Pollo Ceviche und Churrasco-Steaks. Etwas trendiger bekommt man Letztere gegen Aufpreis auch in der Moderno Churrascaria. Für ein amerikanisches Schiff ist die Norwegian Getaway übrigens überraschen dezent im Design, auch in den Kabinen.

Für Wasserratten: Pool, Sportsdeck und Rutschen

Wer klettern möchte, findet im Hochseilgarten auf dem obersten Deck ein gutes Revier, um sich einen perfekten Rundum-Eindruck vom Schiff zu verschaffen. Eine Zip-Line läuft quer übers Deck am Schornstein vorbei. Der Aqua Park beeindruckt mit einigen über mehrere Decks führenden Wasserrutschen und zwei Free Fall-Rutschen, die nach den spannenden Augenblicken des freien Falls in eine langgezogene Kurve übergehen und zwei Twister-Rutschen – The Whip –in denen man durch spiralförmig angelegte Röhren abwärts saust. Unten warten dann zwei Swimmingpools, vier Whirlpools und ein zum Teil überdachtes Restaurant auf die nicht wasserscheuen Gäste.

Wer sich ein bisschen wie bei dem Piraten der Karibik fühlen möchte, kann sich auf „The Plank“ wagen, einen nur 15 Zentimeter breiten Steg, der vom Hochseilgarten über die Bordwand führt, wo man, gut gesichert, 18 Decks hinab auf die Wasseroberfläche starren kann.

Wer mit Kindern reist, wird den sehr großen, zweistöckigen Kinderbereich „Splash Academy“ lieben, in dem die Kids gut versorgt sind. Die ganz Kleinen können im „Guppies Unter 3 Playroom“ spielen. Dank der Kooperation mit Nickelodeon sind dort Spongebob und seine Comic-Kameraden präsent, auch im eigenen Kids Pool.

Die Erwachsenen können derweil in einem separaten Bereich entspannen: Spice H2O ist nur für Erwachsene zugänglich und bietet tagsüber Entspannung pur, während er sich abends zum trendigen Nachtclub entwickelt. Tagsüber Sonnenliegen und zwei Whirlpools und ein künstlicher Wasserfall, nach Sonnenuntergang Tanz unter freiem Himmel tanzen oder Chillen im Lounge-Bereich. Der Vibe Beach Club ist ein weiterer Rückzugsbereich für Gäste ab 18 Jahren, für den eine Eintrittskarte benötigt wird. Dafür gibt es Whirlpools, luxuriöse Loungeliegen und Wasserelemente. Eine Full-Service-Bar, Wassersprays und gekühlte Handtücher komplettieren das exklusive Erlebnis. (nb)

Genießen auf dem eigenen Balkon

Wer bei der Kabine etwas mehr ausgeben kann und will, dem steht ein breites Angebot zur Verfügung. Neben den 962 Balkonkabinen bietet das Schiff 246 Mini Suiten, 42 Suiten und Villen, 22 Penthouses und 72 Spa Suiten, Spa Mini Suiten und Spa Balkonkabine. Während die 449 Innenkabinen über zwei Einzelbetten verfügen, die bei Bedarf zu einem Queen Size-Bett zusammengefügt werden können, haben die Balkonkabinen ein Queen Size-Bett und ein Sofa Bett mit zusätzlichem Stauraum, einen 26-Zoll-Flachbild-Fernseher und LED Beleuchtung in der Decke.

Alle Kabinen regulieren das Licht über die Schlüsselkarte. Sehr schön ist die großzügige Badausstattung im modernen und klaren Design und hölzernen Ablagebereichen, in denen Gäste alle Badutensilien in Reichweite verstauen können. Toll auch die wirklich geräumige Dusche. Noch großzügiger gestaltet sind die Minisuiten mit Doppelwaschbecken und Spa-Duschen. Wer viel Zeit im Spa verbringen möchte, sollte eine der Spa Kabinen im entspannenden Wellness-Design buchen.

Zu Gast im Himmel

Bewegen sich die vorgenannten Angebote meist noch im Preisbereich von bis zu 1.000 € pro Person, so muss man für „The Haven by Norwegian” mindestens 2.500 € hinlegen. Die insgesamt 42 Suiten und Villen im vorderen Teil des Schiffes auf Deck 15 und 16 haben ein privates Restaurant, eine Cocktail-Bar und eine Concierge-Lounge. Im Zentrum liegt der zweigeschossige Courtyard mit großzügigem Pool, privatem Sonnendeck, Whirlpools, Massage-Räumen und Sauna. Außerdem haben die Gäste direkten Zugang zum Spa-Bereich und Fitnesscenter des Schiffes. Neben dem zertifizierten Butler-Service rund um die Uhr steht ein Concierge-Service, die persönliche Betreuung am Pool und weitere Annehmlichkeiten, wie die bevorzugte und schnelle Ein- und Ausschiffung, eine exklusive Platin-Schlüsselkarte, bevorzugtes Tendern, Espresso-/Cappuccino-Maschinen auf den Kabinen, abendliche Gourmet-Häppchen, flauschige Bademäntel, Slipper, große Badetücher und vieles mehr bereit.

Noch komfortabler geht es in den beiden bis zu 95 qm großen Deluxe Ownerʼs Suiten für bis zu 3900 € zu, die allerdings schnell ausgebucht sind. Diese umfassen ein elegant eingerichtetes Wohnzimmer mit Essbereich und eigener Bar, Schlafzimmer mit großzügigen Kingsize-Betten mit Blick direkt aufs Meer und den eigenen Balkon, übergroßer Badewanne und luxuriöser Dusche. Mit den The Haven Familien Villen mit zwei Schlafzimmern und zwei Bädern gibt es die optimale Kabinenlösung für Familien.

Wellness wird großgeschrieben

Das kombinierte Spa- und Fitnessareal erstreckt sich auf über 2.136 Quadratmetern über zwei Decks. Im Spa und der Thermal Suite mit Salzgrotte finden Gäste Linderung bei Atemwegs- und Hautbeschwerden und stärken ihr Immunsystem. Die Thermal Suite wartet mit Ausblicken aufs Meer, beheizten Liegen, einem Pool, Whirlpools, Sauna, Solarium und Dampfbad und sowie einem Full-Service Beauty- und Friseur-Salon auf die Gäste. Über 50 Anwendungen für Männer und Frauen hat man im Angebot. Dazu gehört auch Akkupunktur, Zahnaufhellung sowie kosmetisch-medizinische Botox-Behandlungen, vom mitreisenden Arzt.

Fitnessfans können an Bord zum intensiven Intervall-Training gegen einen virtuellen Gegner antreten, Boxfreunde sich im Freestyle Fight Klub auspowern oder ihr Training mit einem Cardio-Box-Kurs kombinieren. Dazu gibt es Cycling-Kurse, Kurse wie Spirals, einem von Pilates inspirierten Programm, Chi Balls, wo TCM auf Yoga, Tai Chi und Meditation stößt und den weltweiten Fitness-Trend Zumba. Gäste, die ihr Workout am liebsten individuell durchführen, profitieren von modernen Geräten mit iPod Anschlüssen und großen HD Bildschirm, auf dem sowohl das TV- als auch das Trainings- oder Musikprogramm verfolgt werden kann.

Unser Fazit

Insgesamt bietet die Norwegian Getaway eines der vielfältigsten und interessantesten Angebote unter den großen Kreuzfahrtschiffen. Die Konkurrenz auf dem umkämpften Markt ist hart und wer nicht aufpasst, wird sicher auch den ein oder anderen Dollar an den zahllosen einarmigen Banditen verspielen, die US-amerikanische Schiffe auszeichnen. Mit attraktiven Preisen ist sie sicherlich für deutsche Passagiere vom Basishafen Miami ein gutes Angebot, denn die Anreise in die Karibik ist von dort nur ein Klacks.

Bordsprache ist Englisch, aber es gibt regelmäßige Sprechstunden der deutschsprachigen Hostess, ein deutsches Tagesprogramm und deutsche Menükarten.

Rechnen sollte der Gast, dass es kein AI-Angebot ist. Für Getränke, Landausflüge, Wellness und einzelne Sportkurse und Bordaktivitäten werden Zusatzkosten fällig, bei denen man auch nicht den in den USA fast obligatorischen Trinkgeldaufschlag vergessen sollte.

(c) Magazin Frankfurt, 2024