alltours-Gründer mit neuen Digitalplänen zurück

Allzu viel über seine neuen Pläne zur Digitalisierung wollte alltours-Gründer und Alleininhaber Willi Verhuven beim Gespräch nicht verraten. „Die Mitbewerber lesen die Artikel ja auch, da sollten wir nicht zu tief ins Detail gehen“, sagt der 68-jährige, der erst vor einem Monat die Zügel seines erfolgreichen Reiseunternehmens selbst übernommen hat und damit überraschend Markus Daldrup ablöste, der die Position einst von ihm übernommen hatte.

Verhuven blickt dabei besorgt auf sich schnell wandelnde Strukturen im Reisegeschäft. Auf keinem Fall will er genauso verduzt in die Röhre schauen, wie vor Jahren die Chefs von Quelle und Neckermann, die den Wandel schlichtweg verschlafen hatten und dann den aggressiven Verkaufsgebaren von Jeff Bezos mit seiner Online-Plattform amazon.com nicht mehr Paroli bieten konnten. Die No. 5 im deutschen Touristikmarkt sieht deshalb weniger seine bisherigen Wettbewerber als Gefahr, sondern Online-Plattformen wie Airbnb und Booking.com, die den sich ändernden Buchungsgewohnheiten ihrer Kunden passende Angebot gegenüberstellen.

Noch immer überwiegt zwar bei alltours und den anderen Reiseveranstaltern der über die Reisebüro-Schiene laufende Pauschalreisen, doch vergleicht man den heutigen Online-Anteil von 30 Prozent mit den Vorjahren, kann man eine massive Steigerung feststellen. Schon im letzten Jahr hatte alltours deshalb Michael Kraft mit in die Geschäftsleitung berufen, der durch den Aufbau der Buchungsplattform Traveltainment als gewiefter IT-Spezialist im touristischen Segment gilt.

Kalt soll den neuen, oft international aufgestellten Konkurrenten auf dem Markt mit dem Aufbau eines eigenen Systems schaffen. Verhuven will dabei weg vom bisherigen Aufbau als reine Buchungsplattform, sondern möchte die Reiseinteressenten inspirieren und die Kundenbindung verbessern und individualisieren.

Massiv hat er schon in Sachen Kataloggeschäft umgedacht. Waren es bisher über 3 Millionen Kataloge zu den verschiedenen Urlaubsregionen, so wurde diese Zahl inzwischen um rund ein Drittel reduziert. Gleichzeitig hat Verhuven die Zahl der online über Reisebüro oder direkt buchbaren Hotels von 10.500 im Vorjahr auf rund 15.000 in diesem Jahr erhöht. Um den Kunden dabei ein attraktives Angebot machen zu können, erfordert es Verhandlungsgeschick und Schnelligkeit beim Hoteleinkauf. „Ich bin da sehr schnell“, sagt Verhuven überzeugt.

Ob er mit seinem neuen Konzept Erfolg haben wird und neben dem bisherigen Wettbewerb auch den neuen digitalen Wettbewerbern Kunden abpaschen kann, bleibt abzuwarten, denn das neue Angebot muss die mit den an individuellen Bedürfnissen justierten Angeboten der digitalen Mitbewerber mithalten können und die bereits dorthin abgewanderte Kundengruppe neu oder wieder für das Angebot von alltours gewinnen, doch dürfte Verhuven einen längst überfälligen Schritt in die richtige Richtung unternommen haben.

RÜCKBLICK AUF AUSBLICK AUF DIE NEUE SAISON

Sieht man sich die Präsentation der Zahlen für das ablaufende Geschäftsjahr 2017/18 an, so konnten die Ziele wieder einmal übertroffen werden und alltours steht im Vergleich zu den Mitbewerbern gut da. Mit einem Umsatzplus von 6 Prozent auf knapp 1,5 Milliarden Euro und einem Gäste-Plus von 4 Prozent auf über 1,7 Millionen Reisende ist Verhuven zufrieden. Dabei sollen alle Geschäftsfelder zum guten Ergebnis beigetragen haben. Die höheren Umsätze pro Reisenden führt Verhuven primär auf einen gestiegenen AI-Anteil und die Zunahme der Fernreiseziele zurück, da in der vergangenen Saison viele Reisende von gesunkenen Preisen profitiert haben. Waren die Ziele mit je einem Prozent weniger zu vorsichtig formuliert? „Wir wollen ja, dass die Mitarbeiter ihre Ziele erreichen. Traumziele, die nicht erreicht werden, formulieren wir nicht.“ So können sich die Mitarbeiter über Bonuszahlungen freuen.

Ein wenig verschoben hat sich dabei das Angebot zurück vom westlichen aufs östliche Mittelmeer. Während alltours-Schwergewicht Spanien in diesem Geschäftsjahr schwächelte und die Buchungszahlen durch Maßnahmen wie die Touristensteuer auf Mallorca unter Vorjahrsniveau blieben, konnte das sichere Griechenland mit Highlight Kreta zum fünften Mal in Folge mit einem zweistelligen Gästeplus trumpfen. Die Türkei, die nach dem Putschversuch massive Buchungseinbrüche verzeichnete, hatte mit plus 50 Prozent den stärksten Gästezuwachs. Auch die Zahlen für Bulgarien, Ägypten und Tunesien drehten wieder ins Plus.

Auch für das kommende Geschäftsjahr plant Verhuven erneut ein Plus von 5,6 Prozent beim Umsatz und 3,2 Prozent bei den Gästezahlen verteilt über alle Destinationen. Erneut ist Griechenland der wichtigste Wachstumsmarkt, aber auch die Türkei, Ägypten, Tunesien und die Fern- und Individualreisen sollen wieder zulegen. Die Bedingungen dafür sind gut, denn die Buchungen sind bisher gut angelaufen, wenngleich die Kanaren für den Winter preisbedingt unter Vorjahrsniveau liegen.

In den neun neuen Katalogen stehen über 3.000 Hotels zur Wahl. Nur ein kleiner Anteil der insgesamt buchbaren Häuser, deren Zahl, wie schon erwähnt, auf rund 15.000 anstieg. Dabei legt Verhuven zunehmend Wert auf Exklusivität der Vertragshotels, die auf Mallorca bei mehr als 75 Prozent liegt. Mit neuen Ferienregionen, mehr Hotels und dem Kauf und Umbau von zwei neuen allsun Hotels auf Mallorca trägt alltours zu einem attraktiven Angebot bei. Fast schon neu ist der notwendige Anstieg der Reisepreise um rund 2,5 Prozent in Griechenland, Portugal, Türkei, Ägypten, Bulgarien und Kroatien, dafür sinken sie in Spanien und Tunesien um 1,2 Prozent, wodurch der durchschnittliche Preisanstieg bei 1,5 Prozent liegt. Für die spanischen allsun-Hotels hat alltours die Preise noch stärker gesenkt. Stolz ist Verhuven auf die wiederholt ausgezeichnete Familienfreundlichkeit des Angebots, da alltours den kostenfreien Aufenthalt von Kindern in vielen Hotels verhandelt hat und damit ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten kann.

Für Griechenland rechnet das Unternehmen mit weiterem Wachstum und hat einige attraktive neue Regionen wie Kefalonia und den Peleponnes ins Programm aufgenommen. In der Türkei sind 20 neue Häuser im Portfolio. Die Türkei ist weiterhin ein sehr günstiges Qualitätsziel, dass mit großem Zimmern und attraktiven Angeboten für Familien punkten kann. Auch Ägypten und Tunesien sind wieder zurück und präsentieren sich mit attraktiven AI-Angeboten. Für Freunde des preisgünstigen Familienurlaubs ist nach wie vor Bulgarien ein beliebtes Ziel. Bei den Individualzielen hat alltours Belgien neu aufgenommen und das Angebot in Österreich und Deutschland deutlich ausgebaut.

(c) Magazin Frankfurt, 2024