Schostakowitsch, Symphonie Nr. 7, Järvi

Derzeit werden Paavo Järvis Mahler-Sinfonien gefeiert, jetzt erscheint beim Label Pentatone eine Einspielung eines Komponisten, der wie kein Anderer beim Werk Mahlers angeknüpft hat: Dmitri Schostakowitsch! Sein wohl bekanntestes und wie viele meinen auch sein bestes symphonisches Werk ist die "Leningrader" Sinfonie Nr. 7, die jetzt unter dem Dirigat Paavo Järvis erstahlt. Aus dem Stand bringt sich der Este mit dieser Aufnahme nach seinem hervorragenden MahlerZyklus auch als Schostakowitsch-Exeget in Stellung. Mit dem Russian National Orchestra, gegründet 1990 durch den Pianisten Michail Pletnew, steht Järvi dabei das derzeit vielleicht
beste Orchester Russlands zur Seite, das aus der "Leningrader" Sinfonie in dieser Aufnahme ein herausragendes Ereignis von hoher Authentizität macht. Schostakowitschs Sinfonie Nr 7 ist ein Requiem ohne Worte. Es ist schwer, sich der unglaublichen Anziehungskraft der 7. Sinfonie zu entziehen, wenn man die Hintergründe seiner Entstehung und seine allgemeine Bedeutung kennt. Schostakowitsch begann mit dem Werk im Juli 1941 in Leningrad, wo er die ersten drei Sätze unter ständigem Angriff der deutschen Feinde schrieb. Nach Evakuierung aus dem von den Deutschen eroberten Leeningrad beendete er das Finale und die Instrumentierung im selben Jahr in Kuibyschev. Das außergewöhnliche Werk wird jetzt in seiner wahren Dimension durch die kluge und saubere Orchesterführung des Dirigenten Paavo Järvi seutlich, der das Russische Nationalorchester in dieser Aufnahme leitet. Pentatone hat die mehrkanalige Aufnahme auf SACD herausgebracht und sorgt damit für ein fesselndes Hörerlebnis. Schostakowitsch schreib darüber in seinen psothum veröffentlichten Memoiren: "Schon vor dem Krieg gab es in Leningrad kaum eine Familie, die keinen Verlust erlitten hatte: der Vater, der Sohn oder wenn es kein Familienmitglied war, dann ein enger Freund. Jeder hatte um Jemanden zu trauern. Doch man musste leise unter die Decke weinen und konnte zulassen, dass jemand es sieht, denn alle hatten Angst vor den anderen. Wir waen gebrochen, von Trauer erstickt. Es erstickt uns alle, auch mich. Ich musste es in Musik verwandeln. Ich empfand es als meine Pflicht und Schuldigkeit. Ich musste ein Requiem für alle schreiben, die gestorben waren, für alle, die gefoltert wurden."

(c) Magazin Frankfurt, 2024