Orff, Carmina Burana

Mit der Neueinspielung von Carl Orffs „Carmina Burana“ haben Jos van Immerseel und sein Orchester Anima Eterna Brugge einer der populärsten Klassikkompositionen neues Leben eingehaucht. Die Aufnahme wirft einen differenzierten Blick auf Orffs Meisterwerk: Das Collegium Vocale Gent, die Schola Cantorum Cantate Domino und Anima Eterna Brugge nähern sich so weit wie möglich Orffs "künstlerischer DNS" und seinem musikalischen Umfeld an. Dazu beigetragen haben Anfang des 20. Jahrhunderts hergestellte Instrumente, entsprechende Spieltechniken, eine Prosodie mit bayerischer Note und eine atemberaubende Vielfalt an Orchesterfarben.

Den weltweiten Siegeszug trat „Carmina Burana“ im Jahr 1937 an. „Alles, was ich bisher geschrieben habe und Sie leider gedruckt haben, können Sie nun einstampfen. Mit "Carmina Burana" beginnen meine gesammelten Werke“, schrieb Carl Orff nach der Uraufführung in Frankfurt an seinen Verleger Schott. Drei Jahre zuvor war er auf eine 1847 herausgegebene Sammlung von über 200 mittelalterlichen Gedichten, Liebes- und Trinkliedern gestoßen, die nach ihrem Aufbewahrungsort Benediktbeuern benannt waren: „Carmina Burana“ („Lieder aus Beuren“). Dass Orffs energiegeladene Ode an das Leben und die Liebe aber auch heute noch hörens- und entdeckenswert ist, stellt Anima Eterna Brugge eindrucksvoll unter Beweis. „(Orff) hat sich zwar von der Welt der Klassik inspirieren lassen, daraus aber unmissverständlich etwas ganz Modernes gemacht“, begründet Jos van Immerseel seine Begeisterung.

Mit Anima Eterna Brugge gründete van Immerseel 1987 eines der wichtigsten Originalklang-Ensembles Europas, das seitdem international für Furore sorgt. In seiner frühen Auseinandersetzung mit Werken des 19. und 20. Jahrhunderts unterschied es sich bewusst von der gängigen Herangehensweise an die historische Aufführungspraxis. Ein Ankerpunkt des Orchesters sind die Oper Dijon, an die Anima Eterna Brugge als „ensemble associé“ und Jos van Immerseel als „artiste associé“ angeschlossen sind. Einer der neuesten Partner ist das Beethovenfest Bonn, wo sie ab 2015 eine dreijährige Residenz innehaben.

(c) Magazin Frankfurt, 2024