Weinert, Holgers Hessen

"1986 kam ich nach Hessen. 34 Jahre alt, und mir war bewusst: Es ist ein unglaubliches Privileg, in ein fremdes Bundesland zu ziehen, und dabei zu wissen, Du wirst dieses Hessen in Deinem Beruf als regionaler Fernsehjournalist in kurzer Zeit von Grund auf kennenlernen. Wie in einem Intensivkurs. In ein paar Tagen oder Wochen interviewst Du erstmals politisch Verantwortliche wie den als alten Haudegen bekannten Ministerpräsidenten Holger Börner. Den ehemaligen Betonfacharbeiter hatte ein Spruch über die Demonstranten gegen die Startbahn West bundesweit zweifelhaft berühmt gemacht: »Ich bedaure, dass es mir mein hohes Staatsamt verbietet, den Kerlen selbst eins in die Fresse zu hauen. Früher auf dem Bau hat man solche Dinge mit Dachlatten erledigt.« " Mit diesen Vorbemerkungen beginnt Holger Weinerts Buch über Skandale und Unglaubliches.

30 Jahre hessenschau – Holger Weinert - für viele Mr. Hessenschau - hat da einen gewissen Überblick. Für die Serie 'Holgers Hessen' ist er tief ins eigene Archiv eingestiegen und kam selber ins Staunen. Was waren das nur für Zeiten, die Achtziger Jahre, als er in Hessen angefangen hat? Abriss, Abwasserskandale und eine enorme politische Unruhe. Hessen, das Erfolgsland in der Mitte Deutschlands, hat auch viele Irrungen und Wirrungen erlebt. Und manches wirkt absurd aus heutiger Sicht – wie die Klage einer Kasseler Rentnerin gegen die 'diskriminierende' Bezeichnung 'Altweibersommer' für das regelmäßige Spätsommerhoch im September. Der Blick zurück lohnt sich. Wir verstehen die Gegenwart besser, wenn die Vergangenheit noch einmal aufscheint. Als Holger Weinert seine Reportagen und Berichte wiedersah, Schauplätze von damals für die hessenschau wieder aufsuchte, kam er zu dem Schluss: Vergangenes kann noch unglaublich lebendig sein. Zumindest lebt sie in den Köpfen der Beteiligten weiter.

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