Obermayr/Stadler, Bruder, was hast Du getan?

In den letzten Jahren schockierten mehrere Missbrauchsfälle in scheinbar erstklassigen Institutionen die Deutschen. Die als Vorzeigeinternat der Reformerziehung angesehene und inzwischen geschlossene Odenwaldschule musste eingestehen, dass man zu den jahrzehntelangen sexuellen Missbrauch durch den Schuldirektor und andere Erzieher geschwiegen hatte, in den sexuellen Missbrauch von mehreren Regensburger Domspatzen war sogar der Papstbruder und langjährige Leiter des Chors, Georg Ratzinger verstrickt und auch im Benediktinergymnasium Ettal bei Garmisch-Partenkirchen hatte der Missbrauch System.

Dort wurde im Rahmen der ab 2010 anlaufenden Untersuchungen bekannt, dass geistliche Erzieher die hnen anvertrauten Internatsschüler über Jahrzehnte seelisch und körperlich misshandelt und sexuell missbraucht hatten. Man fragt sich immer wiede: Wie konnte es geschehen, dass sich ein scheinbar so gottesfürchtiges Idyll für so viele Kinder und Jugendliche als Ort des Grauens entpuppte?
In ihrer Dimension stellten die Berichte über die bayerische Benediktinerabtei einen traurigen Höhepunkt unter den Schreckensnachrichten aus konfessionellen Erziehungseinrichtungen dar, die an die Öffentlichkeit gedrungen sind.

Die Mönche in Ettal kündigten an, alle Fälle gnadenlos aufzuklären. Doch ist der Kirche und ihren Vertretern noch zu trauen? Wie sieht die Wahrheit aus?

Die beiden SZ-Redakteure Bastian Obermayer und Rainer Stadler haben über Monate mit ehemaligen Schülern gesprochen, die teils bis heute unter dem Trauma ihrer Schulzeit leiden. Sie trafen Eltern, Lehrer und Erzieher, Verantwortliche des Klosters, Psychologen, Theologen und Sozialwissenschaftler. Sie suchten die Tatorte auf und sichteten unzählige Dokumente aus dieser Zeit. Die Bruchstücke fügen sich zu einem Bild zusammen, das allen reflexartigen Erklärungsversuchen für die damaligen Vorfälle widerspricht und es gelingt ihnen dabei, die von den Tätern und den Verantwortlichen immer wieder heruntergespielten Vorkommnisse greifbar zu machen. Denn verantwortlich sind nicht – wie von der Klosterleitung wiederholt behauptet – vom rechten Weg abgekommene Einzeltäter; vielmehr hatten dort - leider nicht nur in Ettal - Gewalt und Missbrauch System.

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