Mayrhofer/Trümpi, Orchestrierte Vertreibung

Verschiedene Theater, Opernhäuser und Orchester haben in den vergangenen Jahrzehnten ihre Geschichte in den Jahren des sogenannten Dritten Reiches aufgearbeitet und teils für die Besucher in Ausstellungen und Denkmale sichtbar gemacht. Auch die Geschichte der renommierten Wiener Philharmoniker ist voll von schlimmen Einzelschicksalen, die jetzt in dem gemeinsamen Buch der Historikerin Bernadette Mayrhofer und des Schweizer Musikhistorikers Fritz Trümpi geschildert werden.

Sie belegen darin, wie 29 Musiker der Wiener Philharmoniker ab März 1938 verfolgt, ermordet oder vertrieben wurden. Das "Herzstück" des Buches bilden 17 biographische Porträts betroffener Musiker, die von den schmerzhaften Erfahrungen der gewaltvollen Vertreibung aus dem Orchester und aus Wien erzählen, aber auch von den beruflichen und privaten Entwicklungen im Exil.

Nach 1945 kehrte kein einziger der vertriebenen Philharmoniker ins Orchester zurück. Das Buch beschäftigt sich auch mit dem Verhältnis des Orchesters zu den ehemaligen vertriebenen Mitgliedern in den Jahren 1945-1959. Unter den Nationalsozialisten war das Orchester fast zur Hälfte mit NSDAP-Mitgliedern besetzt. Nur wenige von ihnen wurden 1945 entlassen oder pensioniert. Zahlreiche hier erstmals veröffentlichte Quellen werfen ein neues Licht auf das Traditionsorchester und dessen Umgang mit "seinen" exilierten Mitgliedern.

(c) Magazin Frankfurt, 2024