Abramsky, Das Haus der zwanzigtausend Bücher

Mit einem eBook-Reader hätte Chimen Abramsky, ein 1916 in Minsk geborener Judaist und Marxist, wohl wenig Freude gehabt. Er sei "so süchtig nach Druckseiten geworden, nach der Haptik seiner Bücher, der Aura alter Manuskripte und den Themen seiner Briefwechsel, dass er sich zuletzt buchstäblich mit Wortmauern umgab" schreibt sein Enkel Sasha über ihn in seinem geistvollen Buch "Das Haus der zwanzigtausend Bücher". Irgendwie fühlte ich mich durch den Buchtitel an die eigene Situation erinnert. Doch in diesem leidenschaftlichen Buch geht es nicht nur um ein Leben für die Bücher und einen Salon voller Ideen, sondern vor allem um die Liebe eines Enkels zu seinem Großvater.

In dem Haus voller Bücher diskutiert Abend für Abend eine illustre Gästeschar. Das kam Sasha Abramsky als Kind ganz selbstverständlich vor und es dauerte etliche Jahre, bis ihm bewusst wurde, welcher Schatz sich da hinter der unauffälligen Fassade einer Doppelhaushälfte in London verbarg: Sein Großvater Chimen, der 2010 hochbetagt starb, hatte im Laufe seines Lebens rund zwanzigtausend Bücher zusammengetragen und damit eine der bedeutendsten private Bibliotheken Englands geschaffen – zugleich ein Spiegel der großen gesellschaftspolitischen Debatten des 20. Jahrhunderts. Voller Zärtlichkeit erinnert sich der Autor an seinen Großvater und dessen unvergleichliche Büchersammlung – ein einzigartiges Vermächtnis.

(c) Magazin Frankfurt, 2024